Fuji X100T – nicht (mehr) der allerheißeste Scheiß ever, aber…

Ich habe mir – und das im Sommer 2020 – eine Fuji X100T gekauft. Warum habe ich nicht einfach eine Neue sondern mir auch kurz vorher noch eine andere knapp 40 Jahre alte Kamera zugelegt? Hier erfährst du es. Soviel vorweg: Es geht um Wertschätzung, weniger um Nostalgie. Alles, was ich besitze, muss ich auch gerne benutzen wollen. Aber ich fange mal vorne an.

Wer mich kennt, weiß, dass ich ein ziemlicher Fan davon bin, Dinge möglichst lange zu (be)nutzen. Angesichts der Releasezyklen von den üblichen verdächtigen Kameraherstellern ist das vielleicht auch gar keine schlechte Idee – vielmehr sogar ein Statement. (Ich meine – hallo: Kaum hat man sich einigermaßen mit den Neuerungen an Modell XYZ arrangiert, kommt das nächste. Früher war das anders, oder liege ich da falsch?)

Back to da roots

Nicht umsonst habe ich mir vor ein paar Wochen die Mamiya RB67 zugelegt, eine analoge Mittelformatkamera, die Negative von 6×7 cm ausspuckt. Das Teil mag gut und gerne 40 Jahre alt sein. Einige meiner bisher besten Porträts habe ich damit fotografiert. Ist sie „bequem“? No Way. Aber ich kannte sie noch aus meiner Ausbildung und habe sie als große Alternative zur Hasselblad 500CM schätzen gelernt. Echte japanische Wertarbeit, aus Metall, unverwüstlich, läuft ohne Strom und die Optiken sind ein Traum. Und das heute noch.

Analoge Studioaufnahme mit der Mamiya RB67

Es geht (mir) um Wertschätzung. Klar, es gibt 1000 verschiedene Ansichten darüber, wie sich das Verhältnis zum Werkzeug gestaltet. Pragmatisch (es muss seinen Job machen) bis emotional (es passt einfach zu mir/ wir sind füreinander geschaffen). Die Wahrheit – so es denn eine gibt – liegt wie sooft dazwischen und pendelt zwischen den genannten Polen.

Merke: Deine Kamera wird nicht über Nacht schlechter, nur weil es mittlerweile ein, zwei neuere Modelle gibt.

Und: Es gibt keine perfekte Kamera. Aber du kannst sie für dich „perfekt“ machen. Was meine ich damit? Ihr arrangiert euch. Geht eine Partnerschaft ein. Zu groß, zu klein, dick, dünn. Jedes Modell hat seine Fehler. Lerne, damit zu leben und sie anzunehmen und vielleicht auch zu lieben.

Ms T.

Und nun: Die T. Also die Fuji X100T. (Anmerkung: Ich schreibe das im Sommer 2020, also in einer Zeit, wo es schon 2 Nachfolgemodelle – die X100F und X100V gibt). Einem älteren Review des unsäglichen erhabenen Ken Rockwell (Love him, hate him – ich bin da gleichmütig) “Folge leistend”, habe ich mich dann doch für das Modell T entschieden, die Leica M des armen Mannes (knapp mehr als die Hälfte des Gebrauchtpreises einer F).

Aufgenommen mit der Fuji X100T
Musiker kennen sie natürlich besonders – die Wertschätzung der eigenen Tools

Allerdings: Leider ist die Akkulaufzeit nicht gerade berauschend, allerdings mag es auch sein, dass die mitgelieferten Patonas (+1 Originalakku) schon betagter sind. Jedenfalls habe ich zwei weitere neue (!) Patonas nachgeordert. Klar sind Besitzer des F/V-Modells im Vorteil, denn die benutzt dieselben Batterien wie die X-T oder X-Pro-Reihe. Aber wie sagte ich oben? Es gibt nicht die perfekte Kamera.

  • Makro funktioniert tadellos – noch besser im M-Modus mit Back Button Fokus
  • Vergänglichkeit
  • Wertschätzung

Nach einigen Tagen der Eingewöhnung kann ich ein paar erste Worte zum Nutzererlebnis sagen: Sie ist – wie alle aus der X100er-Serie – extrem diskret. Die Bildqualität bin ich bereits gewohnt – hatte ich doch bereits eine X-T1 oder X-E1, die afaik denselben Sensor besitzen. Interessant finde ich jedoch, dass es immer wieder die Haptik und auch die Größe ist, die es ausmachen, ob man sich mit den Dingen wohlfühlt. Sowohl die Modelle aus der T- oder Pro-Serie nehme ich gerne in die Hand. Aber die Kamera zum immer dabeihaben? Das ist die X100*. Ja, ich hatte auch mit einer X70 geliebäugelt, aber: Ich brauche einen richtigen Sucher. Und für einen Ex-Leica-M-Besitzer ist die X100T einfach das (etwas kleinere und leichtere, wenn auch metallene) ideale Pendant.

Upgrade nötig?

Muss ich auf die F, V oder was auch immer upgraden? Nur, wenn es echt sein muss. Um ehrlich zu sein: Ich werde es vielleicht irgendwann tun – ich kenne mich ja. Irgendwann schiele ich nach einem anderen Modell. Aber zunächst: Ausreizen, was geht. Und das, obwohl sie in Silber daherkommt – eigentlich wollte ich ein schwarzes Modell. Mittlerweile – und das erstaunt mich doch – finde ich die silbrige Variante doch äußerst charmant. Die 16MP reichen mir, einen Joystick oder Touchscreen vermisse ich nicht. Ich will eine Kamera, die etwas mehr Old School ist. Und da ist die X100T genau in der richtigen Position.

Makroaufnahmen? Kein Problem. ND-Filter? Hardware-mäßig eingebaut. Blitzsynchronzeiten kürzer als 1/180s oder 1/250s? Die Kamera hat einen Lamellenverschluss, wodurch sie sich von den anderen X-Modellen unterscheidet. Du kannst also Highspeed-Blitzen, ohne einen extra HSS-fähigen Blitz bemühen zu müssen. Ach so: Ich hätte auch die X100S genommen, aber auf WiFi wollte ich nicht verzichten. Und ob die einen eingebauten ND-Filter hat weiß ich gerade nicht. Ein nicht unwesentlicher Faktor ist auch der Blendenring am Objektiv. Old School eben.

Und weißt du was? Ich hatte sie vorgestern schon zum 2. Mal bei einem offiziellen Job dabei und war beinahe unsichtbar. So klein, unauffällig und leise ist sie, und die 23 mm sind einfach die perfekte Reportagebrennweite. Ergebnisse darf ich leider (noch) nicht zeigen. Datenschutz und so.

Ich kann mich gut von Dingen trennen, und dann wiederum nicht. Neige dazu, eine fast persönliche Beziehung zu Dingen zu entwickeln. So auch zu Kameras. Nicht, dass ich ein Sammler bin – meist halte ich es so, dass für jedes Stück, das ich mir anschaffe, ein anderes gehen darf. Anhäufen ist nicht mein Ding, sich wohlfühlen mit den Dingen schon eher.

Es ist doch immer wieder interessant, wie der Markt so tickt. Dabei – denke ich – sollten wir uns einmal bewusst machen, was für technische Zauberkisten wir sowieso schon besitzen, bevor wir uns auf das nächste Modell mit besseren Features stürzen. Die nächste (bessere, neuere) Kamera wird nicht bessere Bilder machen, nur, weil sie neuer ist. Es kommt immer noch auf dich als Sehende/n an. 

Was meinst du dazu? Bist du eher der Typ, der stets das neueste Modell haben muss? Oder worauf legst du Wert, wenn es ums Bilder machen geht? 

5 Responses
  1. Jürgen Libertus

    Ich habe das Vorgängermodell, die S. Und ich bin immer noch sehr zufrieden, vor allem ist sie eins, und zwar unauffällig, diskret. Mit dieser Kamera fällt man nicht auf, niemand nimmt Notiz von einem.
    Und die Qualität der Fotos ist immer mehr als gut, die optimale immer dabei Kamera. Tauschen würde ich sie höchstens gegen die aktuelle V. Wegen dem Klappdisplay, das fehlt mir doch ein wenig.

    1. Hi Jürgen,

      du sprichst mir aus dem Herzen! Außer dass ich eigentlich kein Klappdisplay brauche ;-). Dass sie im „normalen“ Modus schon so leise ist, hat mich echt schon sehr überrascht.

      Lieben Gruß
      Tilman