In der Fotografie neigen Dinge dazu, schnell komplex zu werden. Füge einen weiteren Parameter zu deiner Fotosession hinzu, und sie wachsen dir über den Kopf. Am Beispiel „Licht“ erfährst du hier, dass es auch anders geht.
Warum nicht so einfach wie möglich beginnen, wenn du schon mit Blitz arbeiten willst? Nur mit einer Brennweite, einem weißen Hintergrund – und einem Licht?
Lichtformer, Stative, Blitzgeräte sind so billig geworden, dass die Versuchung nahe liegt, sich gleich mehrere davon zu kaufen. Und das ist ja auch großartig – ich selbst bin da kein Stück anders. Ich habe gerne etwas Licht auf Halde liegen. „Haben ist besser als brauchen“, so ein gängiges Sprichwort unter Fotografenkollegen. Heißt das, dass ich auch alle 3-4 Blitze aufstelle, wenn ich Menschen fotografiere? Ja. Aber auch nein. Nur weil ich sie zur Verfügung habe, muss ich sie nicht immer einsetzen. Wie vor ein paar Wochen gezeigt, habe ich mittlerweile große Freude daran, nur mit einem Licht (bzw. der Kombi aus Blitz- und Umgebungslicht) zu arbeiten. Mehr Licht macht dich nicht zwangsläufig zu einem besseren Fotografen.
Was bringt dir das Arbeiten mit nur einem Licht?
In vielerlei Hinsicht kannst du vom Fotografieren mit einem einzigen Blitz – ob als alleinige Lichtquelle oder in Verbindung mit dem Umgebungslicht – nur profitieren. Du wirst sehen, dass ein Mehr an Ausrüstung dich manchmal eher hindert, zu dem Bild zu kommen, das du eigentlich im Kopf hast.
Du konzentrierst dich mehr auf die Verbindung zu dem Menschen vor deiner Kamera. Das ist unerlässlich für eine gelingende Session: Vertrauen aufbauen, sich nicht von „technischen Störungen“ verunsichern lassen. Das ganze technische Zeug hast du schneller im Griff, wenn dir nicht noch ein, zwei Hintergrundlichter, ein Strip und ein Fill-Light dazwischenfunken. Wenn du ein Licht im Griff hast, dann – ja nur dann – nimm mal ein zweites dazu. Und schau, wie du es sinnvoll einsetzt.
Du lernst, das Licht zu verstehen. Mit einem einzigen Licht siehst du exakt, welche Schatten es produziert, ob es Catchlights in den Augen erzeugt. Du siehst, welche Position – sowohl vom Licht als auch vom Menschen – für deine Bildaussage am besten passt.
Du findest heraus, wie sich das (eine) Licht auf den Hintergrund auswirkt. Wenn du dich einmal mit dem Inverse Square Law befasst und es verstanden hast, bist du in der Lage, mit nur diesem einen Blitz Hintergrund und Vordergrund zu beleuchten. Oder einen Verlauf zu erzeugen. Den Hintergrund fast weiß oder nahezu schwarz erscheinen zu lassen.
Du wirst sehen, welche Lichtformer sich wie auf dein Motiv auswirken. Welche Stimmung sie erzeugen. Diffuses Fensterlicht simulieren? Oder hartes Sonnenlicht? Alles drin.
Schließlich wirst du in der Lage sein, aus den limiterten Mitteln, die du hast, das beste Ergebnis herauszuzaubern. Das ist eine Herausforderung, aber auch ein großes Gut.
Die letzte Session mit Jule habe ich zum Anlass genommen, mit ebendiesen (vermeintlichen) Einschränkungen zu arbeiten. Wir hatten genug Zeit, um 3 verschiedene Lichtformer auszuprobieren (einen mit und ohne Wabenvorsatz), mit unterschiedlichen Positionen zu spielen. Auch ich bin immer wieder erstaunt, wieviel Potenzial in solch einem kleinen Blitz steckt.
Also merke: Viel hilft nicht immer viel. Wenn du feststellst, dass du dich in deinen Lichtsetups „verirrst“ oder einfach nur in die Blitzfotografie einsteigen willst: Ein Licht sollte reichen.
[…] UPDATE 09/2019: Nach wie vor arbeite ich gerne mit nur einem einzigen Blitz. Hier gibt es aktuelle Bilder aus meinem Studio. […]