Es ist schlecht, zufrieden zu sein. (Henry Rollins)
There is no perfection, only progression. (Rich Roll)
I’m not perfect, but I’m perfect for you. (Grace Jones)
Na, zufrieden? Ich denke nein. Perfektion ist kontraproduktiv. Vollkommenheit, wenn es sie denn geben kann, erzeugt Leere. Wenn etwas perfekt ist oder vollkommen scheint, gibt es keine Chance mehr zur Entwicklung. Man lehnt sich zurück.
Ich liebe meine Kamera. Sie ist im Moment das Perfekteste, das ich habe oder benötige. Sie macht ihren Job. Habe ich die Momente erwähnt, in denen ich aus Versehen etwas verstellt habe, mich in anderen Modi befand oder die Serienbildfunktion eingeschaltet hatte ohne es zu wollen? Trotzdem liebe ich sie.
Manche Bilder meiner aktuellen Ausstellung sind nicht perfekt scharf. Wenn man genau hinsieht, liegt bei den Portraits die knackige Schärfe leicht hinter oder vor den Augen. Sollte ich sie deshalb nicht zeigen? Die Schärfe, die nicht auf dem Punkt liegt, hat ihre Ursachen, sie resultiert aus der jeweiligen Situation und aus den Bewegungen der Menschen vor und hinter der Kamera. Insofern bilden sie Authentizität ab. Auch, dass hier und da in den Augen keine Spitzlichter vorhanden sind, ist nicht Absicht, aber eben spiegelt auch dieses Fehlen die Situation wider. Nicht jedes Portrait benötigt Spitzlichter in den Augen. Natürlich und zum Glück gefallen die Portraits nicht jedem. Und darüber bin ich im Endeffekt froh, denn ein lapidares „Durchwinken“ und „auf-die-Schulter-Klopfen“ hätte ich mir nicht gewünscht.
Gewisse Dinge sind auf ihre Art perfekt und schön. Momente, Musik, Literatur, Essen. Kunst. Aber nur für eine Zeit, in der einmal alles zusammenpasst, und im Gegensatz zu anderen, „unperfekten“ Momenten steht.
Perfektion im Sinne von …
Unbedingte Glätte, Störungsfreiheit, Vorhersehbarkeit stehen den Überraschungen und Reibungspunkten gegenüber. Interessant ist jedoch auch, dass es Fotos gibt, die sind so vollkommen und durchdacht, dass man sich auf eine andere Art Gedanken darüber macht, was daran nicht stimmen kann. Jeff Wall ist dafür ein gutes – wenn auch kein ganz neues – Beispiel, denn seine wie Schnappschüsse anmutenden Bilder sind natürlich inszeniert und einfach zu perfekt. Ihre Perfektion erzeugt Irritation.
Vielleicht kann ich mich mit dem „Perfekt genug“ anfreunden. Das ist anders als nur „ausreichend“, es ist perfekt für den Moment, das Jetzt. Und es birgt die Hoffnung, dass es immer weiter geht, auch wenn man noch nicht weiß, wohin.
Moin Tillmann 🙂
hab ich schon gesagt das ich deine Artikel mag? 🙂
Du bringst Gedankengänge die mich selbst bewegen immer so schön
ins geschriebene Wort, da nicke ich dann immer lächelnd und zustimmend.
Mir passiert es auch immer mal das ich denke WOW perfektes Bild und dann
anfange doch irgendwas zu suchen was eben doch nicht perfekt dran ist. Denn
absolut perfekt das würde wirklich eine Leere hinterlassen, was kommt denn dann noch danach?
Hmm… nee ich glaub das möchte ich auch nicht 🙂
Und die Spielchen mit der Cam das man im Eifer des Gefechts was verstellt hat und es
erst hinterher merkt *gg…. kenn ich, sehr beliebt bei mir ist die Hohe Iso wieder zurückzustellen und
sich dann wundern was die Cam für ne kurze Belichtungszeit bei mauem Licht kann 😀
Ich hab ne Wundercam *schmunzel…
Hab eine schönes Wochenende
liebe Grüße
Aurelia
Hallo Aurelia,
schön, dass ich da den einen oder anderen Nerv treffe. Manchmal gibt es eben Bilder (nicht nur eigene), bei denen man spontan sagen würde „Ausschuss“, und die dann einfach genial sind. Oder Kunst gar (Stw. Jürgen Teller, Ryan McGinley).
Viel Spaß und interessante Entdeckungen mit der Wundercam!
[…] diese noch höherzuziehen. Ich bin der Ansicht, dass man mit Film nicht unbedingt versuchen muss, Perfektion zu erzielen, jedenfalls nicht im technischen Sinne. Film ist für mich immer auch Experiment, und […]
[…] denke, ein Bild kann technisch und gestalterisch noch so ausgefeilt sein. Ohne eine inhaltliche Komponente ist es eine leere Hülle. Spontan würde ich für ein Bild […]