Gestern sah ich ein Video von Chuck Jines, in dem er über 3 Wege sprach, seine Angst zu überwinden. Was er meint, ist die Angst davor, Leute auf der Straße zu fotografieren. Interessant dabei ist, dass er einen etwas anderen Ansatz als Eric Kim hat.
Während letzterer sich eher anonym (so mein Eindruck) durch die Großstadt bewegt, Leute fotografiert, sich freundlich bedankt und weitergeht, und natürlich auch erklärt, warum und wie er das tut, sind es für Chuck Jines im Endeffekt 3 Gründe, die Angst erzeugen können, wenn man mit der Kamera auf die Straße geht: 1. Kamera nicht in- und auswendig kennen, 2. die Umgebung in der man fotografieren will, ist fremd, 3. Angst vor der Person gegenüber.
3 Tipps gegen Angst
Folgerichtig sagt er, dass du deine Kamera im Schlaf kennen solltest. Nichts ist ärgerlicher, als wenn du z.B. vor Aufregung einen Knopf gedrückt oder Rädchen gedreht oder beides hast und dich ein einer Kameraeinstellung wiederfindest, in der du noch nie warst und nicht weißt, wie du da wieder herauskommst. Makro-Modus, Schwarzweiß-Modus oder was weiß ich. Ist mir das selber schon passiert? Jap.
Je unbekannter eine Umgebung ist, je unwohler du dich dort fühlst, umso schwieriger wird es sein, dort Leute zu fotografieren. Ob gefragt oder ungefragt. Das Unwohlsein wird man dir ansehen. Der Tipp von Chuck Jines ist daher, sich häufiger an jenem Ort aufzuhalten, ihn regelmäßig aufzusuchen, so dass du quasi ein Teil der Szene wirst (Denn irgendetwas wird dich an dem Platz interessieren). Du kommst mit Leuten ins Gespräch, kannst vielleicht Visitenkarten verteilen, Bilder zeigen, die schonmal gemacht hast, und es kann sogar passieren, dass Leute dich ansprechen, ob du sie fotografieren willst. Auch das ist mir schonmal passiert.
Und wenn dein Gegenüber dir Angst macht, auch, wenn es dich vielleicht gar nicht bemerkt? Dann kannst du versuchen, dich auf das Bild, die Komposition, das Resultat zu konzentrieren. Dadurch tritt die Angst vor der Person oder eher vor der Situation in den Hintergrund. Der Mensch – so wichtig er natürlich für das Bild ist – wird zu einem Element in einer Komposition aus Linien, Schatten, Formen und Farben.
Was funktioniert?
Eric Kim schlägt wiederum vor, anhand von Aufgaben an seine Angst zu gehen. Teilweise haben sie den gleichen Zweck und Effekt, nämlich, dass du z.B. dich an unbekannte Situationen und Orte gewöhnst. Aber ich habe den Eindruck, dass Chuck Jines sich stärker mit den Individuen befasst, während Eric Kim wesentlich distanzierter an die Sache geht. Jedenfalls sind beide Ansätze sehr hilfreich, um seiner eigenen Angst die Stirn zu bieten.
Was für mich funktioniert hat, ist natürlich der Tipp, sich mit der eigenen Kamera und ihren Eigenheiten auseinanderzusetzen. Manchmal gehe ich einfach auf Leute zu und denke nicht darüber nach was passieren könnte. Wenn ich zulange nachdenke, umso weniger wahrscheinlich ist es, dass ich die Person anspreche. Wenn ich an einen bestimmten Ort in Flensburg denke, das „Rondell“, so fällt es mir immer leichter, dort aufzukreuzen. Die Leute dort haben sich an mich gewöhnt, und es kommt vor, dass manch einer sagt, ich solle von ihm auch Bilder machen.
Heute machte ich mich auf den Weg zum Wilhelminental, wo sich eine Obdachlosenunterkunft befindet. Das fühlte sich sehr seltsam an, auch wenn ich dort niemanden antraf, denn ich war zum ersten Mal dort. Anbei ein paar Bilder und ein Video dazu.
Die Ansätze finde ich gut. Ich für mich kann sagen, das ich mich an unbekannten Orten diesbezüglich sicherer fühle, als an bekannten, wie z.B. unserer Kleinstadt, wo man fast immer einen Bekannten trifft und dann „dumme“ Fragen beantworten muss.
Man muss herausfinden, was am besten zu einem passt… Ich mag es auch, anonym in einer Stadt zu fotografieren. Flensburg ist zwar so ein Mittelding, aber mir begegnen auch hier immer wieder neue Gesichter. Danke für den Kommentar!