[UPDATE] Als ich mich kürzlich mit jemandem unterhielt, der sich mit Fotografie beschäftigt, hörte ich den Satz „Naja, du hast eben deinen Stil.“ Das hat mich etwas nachdenklich gemacht. Denn – ohne nach eventuellen Komplimenten fischen zu wollen – weiß ich nicht, ob ich jenen (schon) habe.

"Leftovers". Stil-Leben, das mit diversen modifizierten Presets aus dem Bildbearbeitungsprogramm bearbeitet wurde, um den gewissen Look zu erzielen.
„Leftovers“. Stil-Leben (pun intended), das mit diversen modifizierten Presets aus dem Bildbearbeitungsprogramm bearbeitet wurde, um den gewissen Look zu erzielen.

Viele Dinge, die ich so und nicht anders mache, Bilder zum Beispiel, entstehen auch aus einem gewissen Unvermögen heraus, sie anders zu machen. Was ich sagen kann, ist, dass Stil nicht dadurch entsteht, dass man sein Wasserzeichen im Bild platziert.

Ritual de lo habitual

Ich glaube, dass regelmäßiges, ja rituelles Arbeiten und Neugier essentielle Teile des Wegs sind, wenn du auf der Suche nach einem Stil bist. Und ich glaube wiederum nicht, dass man so etwas erzwingen kann, aber du kannst dich dazu erziehen. Es ist meiner Meinung nach ein stetes Spiel mit den Mitteln, die dir zur Verfügung stehen. Regelmäßigkeit, Gewohnheit ist wichtig. Ausreizen der vorhandenen Möglichkeiten, Erforschen der eigenen inneren Bildwelten (Träume, Erinnerungen, Bildsozialisation).

Gesetzt den Fall, du hast ein (stilistisches) Vorbild. Du kannst versuchen, den Stil zu erreichen, wenn du erkennen kannst, wodurch sich dieser auszeichnet. Aber bist du dann auch auch so gut wie dein „Idol“? Die Antwort ist klar, denke ich. Interessant wird es meiner Ansicht nach, wenn du auf deinem Weg zum eigenen Stil, zur eigenen Handschrift, Dinge entdeckst, auf die du sonst nicht gestoßen wärst. So als ob du durch einen Nebel gehst, eine ungefähre Richtung im Kopf hast, unterwegs schemenhaft Dinge auftauchen, die du erst nach und nach erkennst. Und eventuell nimmst du auch Sachen wahr, die am Rande liegen und sich als bedeutungsvoll für deinen weiteren Weg erweisen.

Die „Imitation“ oder das bloße Kopieren eines Stils ist nichts Verwerfliches. So wie du einen Preset in Lightroom oder in camera benutzt und ein Ergebnis bekommst, das schon recht ordentlich aussieht. Für die eigene Entwicklung ist das Kopieren vielleicht sogar etwas Notwendiges.

Good artists copy – a great artist steals

Du kannst dir einen Stil zueigen machen, indem du das Kopierte überwindest. Ich denke dabei an große Künstler, die duch bestimmte Schulen gegangen sind, seien es Renaissancemaler oder zeitgenössische Künstler. Gursky fotografiert zwar keine Hochöfen in Serie, und doch scheint in seinem Werk die Bechersche Schule hindurch. Oder um ein Beispiel aus der Rockmusik zu bringen: Joe Satriani ist einer der besten Gitarristen der Welt, und dennoch hat Steve Vai, einer seiner Schüler, ihn „überwunden“, sein eigenes Ding daraus gemacht.

Meine Devise – und mein Ratschlag an dich, falls du auf der Suche nach so etwas wie deiner eigenen Handschrift bist: Suche dir ein Vorbild, kopiere es so oft und gut du kannst. Bleib nicht stehen. Geh‘ weiter. Mache dir die Handschrift zu eigen, zu Deiner. OWN IT.

Du möchtest mehr lernen? Vielleicht ist dann einer meiner Workshops etwas für dich!