Was ist es, das mich wieder zur analogen Fotografie zurückgehen lässt? Ich meine, nein, verstehe mich nicht falsch. Ich stehe voll auf meine Fuji-X-Maschinchen. Aber dennoch. Ein wenig hat mich das kleine Insekt Analogfotografie erneut gebissen.
Unter anderem durch das letzte Analogafé beflügelt, bekam ich neuen Drive, die letzten SW-Filme aus dem Italientrip zu entwickeln. (Ein paar Ergebnisse gab es ja schon zu sehen). Der Zufall wollte es zum Ende unserer Reise, dass ich zwei alte Pentax-Objektive geschenkt bekam und m/ir schlussendlich auch eine entsprechende Kamera zulegte.
Im Rückblick – und tatsächlich ist es bei analoger Fotografie durch die meist längere Zeit zwischen Aufnahme und Entwicklung so, dass ein anderer Abstand zum Erlebten und Fotografierten besteht – kann ich sagen, dass ich sehr froh bin, „nur“ eine analoge Kamera dabeigehabt zu haben. Selten habe ich unterwegs mehr als eine oder zwei Aufnahmen vom gleichen Motiv gemacht. Manchmal lag ich mit der Schärfe daneben, manchmal war ich zu spät. Aber: Der Lerneffekt ist stark, und die Art, die Welt um einen (mich) herum zu betrachten, zu beobachten, ändert sich.
Doch nun zu den Bildern.
Analoge Fotografie kann auf die digitale Fotografie zurückwirken. Ein nicht unwesentlicher Nebeneffekt kann sein, dass du vielleicht weniger Bilder machst. Dafür bessere. Auf jeden Fall aber wirst du bewusster fotografieren.
Film Facts
- Nikon FE
- 24mm f/2,8
- 135mm f/2,8
- Kentmere 400
- Ilford ID-11 1+1
- CanoScan 9000f MkII
- XSane
Ich verweigere mich ganz einfach den Begriff „analog“ im Zusammenhang mit der Fotografie zu verwenden, weil er einfach nicht zutreffend ist. Jeder fotografische Vorgang, egal ob mit chemischem oder elektronischem Material, ist ein analoger Vorgang.
„Analog“ im Zusammenhang mit der Fotografie ist Marketingsprech und was man von den Werbefuzzies zu halten hat, darf sich jeder selber denken.
Fotografie besteht aus 2 wesentlichen Teilen, der Hardware (die Kamera nebst Nebenaggregate) und der Software. Software meint in diesem Fall den Vorgang der Speicherung der bildlichen Information, denn die unsichtbare Information auf dem Film wird im chemischen Entwicklungsprozeß sichtbar gemacht.
Nur hat sich dieses Marketingsprech seit 20 Jahren in den Köpfen festgesetzt und fast keiner kann mehr diesen Algorithmus löschen, weil ihm hierzu die Worte fehlen.
Tschuldigung, das mußte raus, weil es mir auf der Seele brennt und vielleicht bewirkt es ja bei dem einen oder anderen eine Bewußtseinsänderung und wenn es nur zu Überlegungen führt: was meint er damit?
Hallo Jörg B., im Prinzip beschreibst du 2 Vorgänge, die vom Schema her gleich sind. Aber ich denke auch, dass es einen starken Unterschied zwischen Arbeit auf Film (für mich tatsächlich „analog“) und auf Sensor (für mich eindeutig „digital“) gibt. Deine „Analogie“ zwischen der Filmsoftware mit Chemie und der Speicherung auf Chip kann ich nicht ganz teilen. Der fotografische Vorgang, der erst das latente Bild auf Film erzeugt und dann durch Chemie sichtbar gemacht wird, ist m.M.n. rein hardwarebasiert, die einzige Software, die daran beteiligt ist, ist vielleicht die „Wetware“ in unserem Kopf. Ein elektronisch erzeugtes Bild (über Sensor und Chip) wird erst durch die Interpretation des Programmes zu einem sichtbaren Bild – ansonsten ist es nur eine Folge von Nullen und Einsen.
Die Diskussion kann man sehr tief führen, aber ich glaube, sie ist nicht besonders sinnvoll.
Aber egal: Marketingsprech hin oder her – für mich hat sich die Herangehensweise ans Bildermachen doch stark verändert. Ich habe auf Film gelernt und dabei auch gelernt, wenige Bilder zu machen. Die Fotografie auf Sensor verführt mich zusehends, immer mehr Bilder zu machen, mehr Auswahlmöglichkeiten zu erzeugen (was nicht unbedingt gut ist). Umso eklatanter fällt mir dieser Unterschied „heute / früher“ auf, wenn ich wieder eine Filmkamera in die Hand nehme.
Danke dennoch für deine anregenden Gedanken – vielleicht gibt es noch die eine oder andere Meinung dazu!
Ein schönes Beispiel in diesem Zusammenhang ist eine Leica R8 oder R9, mit einem DMR. Mit dem DMR hat man eine elektronische Signalverarbeitung, ohne DMR hat man eine chemische Signalverarbeitung. Wechselweise in einem und demselben Kameragehäuse, entweder Sensor oder Film.
Es reduziert sich nur auf den fotografischen Vorgang, der in beiden Fällen identisch ist.
Weiter will ich da garnicht ausholen. Was Du und auch der andere Jörg beschreibt, ist das was in Euren Köpfen vorgeht und letztlich mit dem Thema nur sekundär zusammen hängt.
Ich selbst habe es zwischenzeitlich gelernt nicht mehr zu unterscheiden und ich habe auch bei meiner Coollpix den Monitor ausgeschaltet und bei der Alpha 6000 gucke ich generell durch den Sucher. In beiden Fällen verkneife ich mir möglichst den Blick auf das Display. Das klappt schon sehr gut.
Und auch die Begründung daß man beim Film bewußter oder direkter fotografiert und mit der Sensorkamera fröhlich drauf los knipst, nehme ich für mich nicht in Anspruch und versuche es tunlichst zu vermeiden. Ganz frei machen kann ich mich aber noch nicht davon.
Deine Begründung bezüglich Wetware, die im Kopf stattfindet, verdreht den ganzen Sachverhalt ins Gegenteil. Ob RAW oder jpeg, ist immer das Produkt einer Software, die der Fotograf erst mit der nachfolgenden Bildbearbeitung nach gutdünken beeinflussen kann. In ähnlicher Weise verhält es sich bei der Filmentwicklung.
Diese parallelen Prozesse haben aber mit der eigentlichen Fotografie, mit dem Vorgang vor der Signalverarbeitung nichts zu tun. Im Grunde ist der fotografische Vorgang mit dem erfolgreichen Druck auf den Auslöser abgeschlossen. Danach erfolgt die individuelle Signalverarbeitung durch eine andere Person oder den Fotografen selbst.
Daraus ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse, die bei der elektronischen Variante vielfältiger sind als beim Film und die letztlich auch ein Ausdruck des Fotografen sind.
Beim Film steht vor dem Foto die mögliche Entscheidung welcher Film, welches Filmformat, welcher Filmentwickler. Darüber kann man sich Gedanken machen, muß man aber nicht. Ich klammere hier bewußt die Großformatfotografie aus, die noch ein anderes Spielfeld ist, Stichwort Zonensystem.
Du sagst, erst durch die Interpretation des Programms wird das Bild sichtbar. Ich sage: erst durch den Einsatz elektrischer Energie wird das Sensor basierte Bild sichtbar, mit der erforderlichen Technik.
A) auf dem Display oder
B) Auf dem dem heimischen Bildschirm.
Abschließend, bei beiden Techniken ist der fotografische Vorgang bis zum Druck auf den Auslöser identisch. Die anschließende Signalverarbeitung ist technisch bedingt unterschiedlich. Daraus aber zu folgern, daß die Signalverarbeitung der Bildinformation eine Begründung für die eigentliche Fotografie darstellt, geht zumindest nicht in meinen Kopf, denn letztlich geht es um das Bild und nicht um die Technik, die das Bild sichtbar gemacht hat.
Die Unterscheidung in digital und analog ist Marketing und diente vor 20 Jahren dazu den Leuten etwas neues zu verkaufen und ihnen das Gehirn zu vernebeln. Schon ab der ersten Kamera mit Chip ging es nur um höher, schneller, weiter.
Ab 1925 beschränkten sich die Bemühungen, im Wesentlichen, auf die Qualität der Linsen und gerne noch auf das Filmmaterial für das Kleinbildformat. Nur die Qualität des Filmmaterials war schon 20 Jahre vorher ein Thema. Die Empfindlichkeit, die Körnigkeit wurden in dem Moment wichtig, als das Filmformat kleiner wurde und man versuchte die technische Wirkung des Bildes zu verbessern.
Doch das ist alles nur Technik, die der Fotografie eine unterschiedliche Anmutung gibt, mehr nicht, weniger auch nicht.
Was aber meine vielen Worte hier zum Ausdruck bringen, hoffe ich zumindest, ist mein unterschiedliches Verständnis zum Thema. Dies kann man teilen, muß es aber nicht. Im günstigsten Fall regt es zum Nachdenken an und dann wäre schon viel erreicht.
Wir sehen uns.
Jörg
Hallo Jörg, ich glaube zu begreifen, worauf du hinauswillst ;-). Erst einmal musste ich recherchieren, was ein „DMR“ ist. Soweit ich weiß, ist das ein digitales Rückteil für die Leica R, so etwas gibt es auch für die Nikon F3 (bestimmt auch für weitere? Das mit der F3 weiß ich, da das meine Traumkamera nach der Ausbildung war, und sich zu der Zeit so langsam die digitale Fotografie durchsetzte). Beiden gemein ist wohl die Tatsache, dass sie kein Display haben. Die Herangehensweise wäre also – trotz digitalem Output – wie bei der Fotografie auf Film.
Das „sich verkneifen, auf das Display zu schauen“ – oder auch „Chimpen“ – erfordert Disziplin. Ist aber eine hervorragende Übung. In einem Ilford-Werbefilm auf Youtube sagte ein (Film-)Fotograf „I know it’s there“. Und tätschelt dabei seine Leica M. Aber so sollte es sein, wenn man ernsthaft fotografieren will. Wissen, was man will, und wissen, wann das Bild im Kasten ist. Gruß, Tilman
Ich finde es gibt viele Betrachtungsweisen auf die moderne Fotografie. die Definition von Fotografie im Kern ist bekannt und ändert sich nicht über das Medium ob dort jetzt ein digitaler Chip am Ende hängt und all das Wissen um diese digitale information weiter zu verarbeiten oder ob es ein Film ist mit den Finessen und den unglaublichen Möglichkeiten. „Digitale Fotografie“ ist technisch betrachtet ein wenig wie mit dem Bus fahren. Man kann lediglich die vorgegebenen Routen von Bushaltestelle zu Bushaltestelle benutzen. Ein Bild sieht immer ein wenig so aus wie bei einem anderen Fotografen. Alle daran zu erledigenden Arbeiten kann man im Nachinein bestimmen und es ist nie ganz fertig. In der organischen Fotografie muss man sich vieles schon vorher überlegen. Die Herangehensweise ist eine andere. Es gibt eigentliche keine Regeln außer das man Filme nicht in Nudelsuppe entwickeln sollte. Es füllt den ganzen Raum zwischen den Buslinien. Wenn zumindest ich „digital“ fotografiere, drücke ich oft den Auslöser weil es nichts kostet. Wenn etwas dabei ist, was verwackelt oder „out of focus“ ist, dann sit es egal – genau so fühlen sich technisch betrachtet oft die fertigen Bilder an. Im Gegensatz zu vielen organisch hergestellten Bildern. Man muss sich alles vorher überlegen. Der Film beschränkt einen und jede Aufnahme fühlt sich wichtig an und genauso das fertige Ergebnis. Jedes Bild was man macht fühlt sich WICHTIG an. Macht man einen Fehler, dann muss man mit Ihm leben. Wenn du von digitaler und analoger Fotografie als grundsätzliche Markettingdefinition sprichst hast du also recht. Der Vorgang der Speicherung sollte in der Fotografie belanglos sein. Egal ob es ein Vermeer, ein Newton oder ein überaus modern elektronisch erstelltes Bild ist. SOLLTE !!! ist es aber nicht. Die Wertigkeit lässt einen anders damit umgehen. Ernsthafte Fotografie sollte diese Unterschiede nicht kennen aber dennoch ist der Weg ein anderer, der das finalisierte Bild am Ende ANDERS aussehen lässt.
Die digitale Bildrevolution im Amateur und Profifotografenmarkt ist gerade mal 16 jahre her. Alle wurden überrannt und jetzt beginnt gerade die Besinnung ein wenig. Jetzt kann jedermann für sich entscheiden ob er digital oder eher organisch arbeiten möchte. Ich finde man sieht den Unterscheid in den Bildern drastisch! Jedenfalls ich in meinen Bildern.
Danke für diesen Gedanken!
Niemand würde auf die Idee kommen, eine Nikon FE oder Canon A1 auf einen langen Metallstab zu montieren, einen 2 m langen Drahtauslöser zu befestigen und dann sich selber damit vorm Rathaus zu fotografieren. 🙂 Die Erfolgsausscihten auf ein einigermassen brauchbares Bild sind nicht besonders groß. Ich finde, damit ist schon viel gesagt. Die Beschäftigung mit der „Filmfotografie“ lehrt einen, die Grundlagen der Fotografie in Technik und bewusster Bildgestaltung viel besser zu verstehen. Ausserdem beschäftigt man sich mit den klassischen grossen Meistern der Strassen-und Menschenfotografie und lernt Fotografie als Kultur kennen. Niemand bräuchte heute eigentlich mehr den ISO-begriff. Trotzdem hat er sich erhalten weil er überall verstanden wird und dieser Begriff Teil des Belichtungsdreiecks ist. Erst mit der Beschäftigung mit der Filmfotografie begreift man wirklich, was es damit auf sich hat. Ausserdem ist es ja so, dass Filmfotografie Geld kostet, und zwar nicht zu knapp. Da überlegt man es sich schon zweimal, ob man abdrückt oder nicht. Wenn man noch zusätzlich keinen Belichtungsmesser an Bord hat oder wie bei der A1 keinen Autofocus, wird die Sache z.B. mit der Strassenfotografie erst richtig interessant. Man muss ständig die Tiefenschärfe kontrollieren und mit den anderen Parametern im Einklang halten. Von daher sind diese Bilder, die hier gezeigt werden, viel höherwertig anzusehen, obwohl sie ja, digital aufgenommen, vielleicht ähnlich oder gleich ausssehen würden. Natürlich setzt diese Wertigkeit voraus, dass der Betrachter um diese Dinge weiss. Man kann sich natürlich selbstdisziplinieren und ISO max. 400 einstellen, sich vornehmen nicht mehr als 36 Bilder zu machen und manuell zu focussieren. Also ich muss ganz ehrlich sagen, ich mache das nicht. 🙂
Ergänzung :
Ich wollte nochmal den Kulturbegriff ansprechen. Ich finde, das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Fotografie ist durch die Digitalisierung ein Allgemeingut geworden. Zu unserer Kultur gehört mittlerweilen eine Bilderflut, wie sie noch nie dagewesen ist. Das ist mittlerweilen eine eigene Sprache, finde ich. Man kann auf Instagram jeden Tag Fotos von sich und seiner Umgebung posten und braucht dafür gar keinen Text mehr schreiben. Das darf man nicht als gut oder schlecht bewerten, es ist halt so und Instagram interessiert meine Meinung dazu ziemlich wenig. Nun ist es ja so, dass, wenn sich gesellschaftliche Dinge in das eine Extrem bewegen, sich eigentlich immer eine Gegenbewegung bildet. Ohne Kultur keine Subkultur, ohne Massentierhaltung kein (wahrscheinlich) Veganismus etc. Von daher könnte man ja die Renaissance der Filmfotografie als eine Art Gegenbewegung oder Subkultur verstehen. Zumindest waren in der Kursen in der VHS, die ich besucht habe über Analogfotografie, sehr viele junge Leute anzutreffen.
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