Seit gut einem Jahr kenne ich den Tagestreff Flensburg – zunächst eher von sporadischen Besuchen. Mittlerweile versuche ich, regelmäßig einmal pro Woche für ein paar Stunden dort zu sein. Man kennt mich bereits mit Namen, begrüßt mich bisweilen augenzwinkernd mit „Hallo Herr Tilman“.
K., ein Besucher des Tagestreffs, brachte neulich seinen Rucksack mit Fotoausrüstung mit, ich solle ihm sagen, was die wert sei. Zusammen haben wir dann nach Preisen geschaut. Das Stativ, das ursprünglich dabei war, ist ihm geklaut worden, als er am Hafen fotografierte. Beim folgenden Besuch fragte ich K., ob er die Ausrüstung schließlich verkauft hätte. Aber er hatte es sich anders überlegt und wollte nun doch mit der Fotografie weitermachen, sagte er mir als er ein Schachbrett aufbaute und nach Mitspielern suchte. Es sind solche kleinen Momente, die mir ein eher gutes Gefühl geben. Das ist eher selten, erlebe ich die meisten Menschen dort eher verschlossen und resigniert.
Häufig werde ich mit Skepsis konfrontiert, ich werde gefragt, was ich mit den Bildern mache. Ich muss immer wieder von neuem erklären, worum es in diesem Projekt geht, dass es eine Dokumentation über den Tagestreff werden soll, die 2018 als Buch zum 25-jährigen Bestehen der Einrichtung erscheinen soll.
Die Besucher sind verständlicherweise sensibel gegenüber „Eindringlingen“. Zu manchen habe ich bereits einen guten Draht, manchmal entspinnen sich interessante Gespräche. Und es ist nicht nur, kann nicht nur die Aussicht auf ein Foto sein, die mich dort eintauchen und Kontakt aufnehmen lässt.
I., der vor über 20 Jahren aus Kasachstan nach Deutschland kam, lässt sich immer wieder gerne fotografieren, während G., der sich als Asperger-Autisten und als Legomännchen in einer Playmobilwelt sieht, auf keinen Fall fotografieren lassen will, da er die Einrichtung und das Projekt fragwürdig findet. Aber wie ich bereits vorher schrieb, sind es auch gedankliche Bilder, die zu einem Projekt gehören. Erst durch die Beschäftigung mit dem Einzelnen erschließt sich mir die Funktionsweise des Mikrokosmos‘ Tagestreff Flensburg.
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Sitze mal wieder im Zug und lesen Deine Artikel. Grüße und bis die Tage.
Schön! Bis dann, Matthias, wir sehen uns ;-)!