Ein Workshop-Wochenende auf Hallig Hooge.
Im Augenblick sein, gegenwärtig sein
“Im Augenblick” – das ist der Titel meiner Workshop-Reihe zum Thema “Achtsamkeit und Fotografie”. Am vergangenen Wochenende fanden wir uns auf Hallig Hooge ein, um gemeinsam zu erkunden, wie sich Fotografie und Achtsamkeit miteinander in Einklang bringen lassen.
Das Werkzeug ist Meditation
Es gab keine weiteren Voraussetzungen technischer oder “fachlicher” Art (wenngleich das Werkzeug Kamera natürlich kein Fremdkörper sein durfte). Somit war die Offenheit und Unvoreingenommenheit gegenüber dem Meditieren im Prinzip die einzige Bedingung, die die Teilnehmer*innen (besser: Übenden) erfüllen mussten.
Der Ort – eine Hallig im Nordfriesischen Wattenmeer – stellte sich als geradezu geschaffen für eine derartige Herangehensweise heraus. Es war windig bis leicht stürmisch, dennoch blieben wir von stärkerem Regen verschont. Auf den ersten Blick: Kargheit, Reizarmut, (vermeintliche) Ödnis, Weite, aber dann auch eine unglaubliche Vielfalt an Vögeln, der komplexe Mikrokosmos des Watts, Wasser (selbstverständlich), Lichtsituationen und Naturgeräusche. Die Hallig ist nicht leer. Aber dennoch überschaubar. Und genau das machte den Reiz aus, sich an diesem Ort in eine kontemplative Stimmung zu begeben, Innenschau zu halten und zu beobachten, welche inneren und äußeren Bilder dabei entstehen.
Rituale – Meditation und Fotografie
Das Innehalten als morgendliches Ritual bildete den Anfang des Tages. Lauschen mit geschlossenen Augen, das bewusste Wahrnehmen der Umgebung mit dem Hörsinn, ohne die Geräusche und Klänge zu interpretieren oder zu bewerten. Das war ein Grundpfeiler, der uns helfen sollte, uns ohne Absicht ganz im Hier und Jetzt einzufinden, bevor sich jeder auf seine eigene Ortsfindung begab.
Ein weiterer Baustein war die tägliche Achtsamkeitsmeditation, in der wir uns auf die Körperwahrnehmung und den Atem fokussierten.
Der Weg zum Gegenwärtigen führt über den Körper. Die Gedanken an die Vergangenheit oder die Zukunft neigen dazu, unseren Blick zu verstellen.
Der Atem verbindet uns auf direkte Weise mit unserer Umgebung – physisch, aber auch in der Wahrnehmung des bewussten Ein- und Ausatmens. Die Integration einer täglichen Meditationspraxis – sie muss überhaupt nicht lang sein, dafür regelmäßig – hilft, sich leichter und bewusster auf den gegenwärtigen Moment einzulassen, ohne sich mit Erwartungen an die zukünftigen Dinge (“wie wird das Wetter sein”, “werden meine Bilder gut genug werden”, “was essen wir nachher” oder auch “was, wenn XY passiert”, also ganz alltägliche Fragen) zu beschäftigen.
Stetes Üben und Wiederholen – genauso, wie ich meine Kamera möglichst täglich in die Hand nehmen muss, um sie möglichst gut zu kennen – ist der Schlüssel zu einer routinierten Praxis und ermöglicht es, in den Fluss zu kommen und den Zugang zu unseren kreativen Quellen freizulegen.
Schnell wurde deutlich, dass man kein Meditationsguru sein muss, um sich in einen kontemplativen Zustand zu begeben. Das ist das Schöne daran: Meditieren kann jede/r. Lediglich die Bereitschaft, 10 Minuten am Tag dafür offenzuhalten, sollte vorhanden sein.
Einfach nur sehen
Wenn es überhaupt ein “Ziel” gab, dann dieses: Unvoreingenommen zu sehen, nicht zu werten, den inneren Kritiker zur Ruhe zu bringen. Die Stimme in deinem Kopf, die sagt, “sowas fotografiert man nicht” oder “das lohnt sich nicht” oder “dafür fehlt dir Brennweite XY, sonst wird das Bild schlecht” oder “das haben schon andere fotografiert” – die vermeintlichen Glaubenssätze ließen sich nahezu unendlich fortsetzen.
Habe keine Erwartungen
Eine interessante Erkenntnis die sich beim flaneurhaften Erkunden der Hallig einstellte: Das Bild liegt einfach schon vor einem. Allerdings meist genau dann, wenn man nicht danach sucht. Solche Momente sind rar und kostbar, aber sie sind da, und sie lassen sich nicht erzwingen. Es sind flüchtige Augenblicke, die sich darüber hinaus erst später beim Sichten der entstandenen Bilder als so wertvoll herausstellen.
Zu den Fragen und Themen, die wir im Anschluss an unsere eigenen Erkundungen erörterten, gehörten unter anderem diese:
- Wie entwickle ich eine fotografische Idee? Individuelle Themenfindung
- Wo ist “mein” Ort?
- Was sagen meine Bilder über meinen Weg aus? Ein Blick in mich selbst
- Innere und äußere Landschaften
- Wie kann ich einen neuen Blick auf altbekanntes entwickeln / Wie gehe ich mit vermeintlichen Klischees um?
- In den Fluss kommen – wie geht das?
- Veränderungen bewusst wahrnehmen: Licht, Wetter, aber auch die eigene Stimmung
- (und einige mehr)
Abreise vor Windstärke 10
Der Wind wurde am letzten Tag merklich stärker und brachte zumindest mein Stativ zum Wackeln. Manche nicht beabsichtigte Verwacklung brachte wiederum den einen oder anderen interessanten Effekt mit sich – auch hier Absichtslosigkeit und ein Sich-Einlassen auf die gegebenen Umstände.
Tatsächlich sollte der Wind bis in die Nacht auf Stärke 10 anschwellen. Unsere Fähre legte jedoch längst vorher wieder am Festland an. Die Hallig und drei intensive Tage lagen hinter uns.
Die nächsten Workshops zu Meditation, Achtsamkeit und Fotografie
Auch 2021 werde ich wieder Fotoworkshops zum Thema Achtsamkeit und Fotografie geben. Im März auf der ostfriesischen Insel Juist, im September sind wir wieder auf Hallig Hooge. Ich freue mich drauf.
Für den Workshop Achtsamkeit und Fotografie auf Juist ist nur noch ein Platz verfügbar. Schreibe mir eine Mail, wenn du im März 2021 auf Juist mit dabei sein möchtest.
Workshop Achtsamkeit und Fotografie auf Hooge (09/2021)
[…] Eine Auswahl von Bildern, die auf dem vergangenen Workshop “Im Augenblick: Achtsamkeit und Fotografie” entstanden sind. Einen kleinen Rückblick dazu kannst du hier lesen. […]