Gibt es die beste Kamera für Streetfotografie? Ich will hier keine alten Weisheiten auftischen à la „… die, die du zuhause liegen hast“ oder entsprechende Abwandlungen davon. Vielmehr möchte ich die Frage einmal für mich neu stellen und versuchen zu beantworten.
Die Frage tauchte nach meinem letzten Streetworkshop auf, und eine der ersten und spontanen Antworten war „sie muss klein und unauffällig sein“.
Ganz spontan hatte ich dem zugestimmt, aber ich möchte diese Definition noch einmal überdenken.
Streetfotografie ist generell spontan und schnell. Daher sollte eine geeignete Kamera stets bereit sein. Aber hängt das davon ab, ob sie in deine Hosentasche passt, oder an einem Gurt um deinen Hals hängt? Ich glaube eher, dass du deine Kamera sehr gut kennen und wissen solltest, was die ganzen Schalter, Knöpfe und Rädchen machen. Nicht, damit du irgendwelche extravaganten Einstellungen vornimmst, sondern weißt, wie du am schnellsten in deinen bevorzugten Modus für Streetfotografie zurückkommst, wenn du vorher etwas anderes gemacht oder verstellt hast.
Was ich grundsätzlich befürworte, ist, dass die Kamera gut zu transportieren und ohne Stativ zu benutzen sein sollte. Außergewöhnliche Bildqualität spielt keine Rolle, daher würde ich eine Mittelformatkamera oder eine D810 o. ä. zuhause lassen. Aber das ist Geschmacksache. Wenn du in einem Touri-Spot unterwegs bist, wo es von großen DSLRs nur so wimmelt, wird auch dein Geschoss nicht weiter auffallen.
Wichtiger ist meiner Meinung auch nach das eigene Verhalten, das du an den Tag legst, wenn du mit deiner Kamera auf der Straße unterwegs bist. Das wiederum hängt auch ein wenig (oder auch sehr) von dem Umfeld und der Stadt, in der du dich bewegst, ab – sowie auch, wie auffällig oder unauffällig du dich dort bewegst.
Ich weiß nicht, wie hilfreich diese kurzen Gedanken für deine Entscheidung sind. Wenn du verschiedene Kameras zur Verfügung hast, kannst du sie alle mal nacheinander ausprobieren und dann sehen, welche für dich am besten passt. Es gibt einige Streetfotografen, die das Thema „Kamera“ beackern, zum Beispiel hat auch Philemon aus Südafrika seine Gedanken und Erfahrungen dazu aufgeschrieben.
Das obige Bild ist übrigens mit einem iPhone 4 entstanden.
Kleine Anekdote zum Schluss gefällig? Vor anderthalb Jahren, noch bevor ich mit „Flensburg Faces“ begann, traf ich einen Obdachlosen. Er saß vormittags mit einer Flasche Korn hinter einem Supermarkt und bot mir etwas zu trinken an. ich lehnte höflich ab, und er fragte mich, ob ich für ihn Zigarillos kaufen könnte. Gab mir einen 5-Euro-Schein und ließ mich gehen. Ich kaufte die Zigarillos. Fragte mich währenddessen, was ich tun sollte: Ich wollte ihn fotografieren, hatte aber noch nicht einmal mein Handy dabei. Ging in die Fotoabteilung des Einkaufszentrums und kaufte eine Einwegkamera, um anschließend Fotos zu machen. Womit sich das eingangs erwähnte Sprichwort – zumindest teilweise – bewahrheitet.
Wenn du dich für Streetfotografie interessierst: Vielleicht sehen wir uns ja auf dem einen oder anderen Workshop!
Für mich ist die perfekte Kamera für Street Photographie eindeutig die SONY A9, gefolgt von der Fuji X-100 F. Für die Qualität der Fotos ist eh der Fotograf verantwortlich. Jeder womit er sich wohl fühlt.
Ich hatte die A9 noch nicht in der Hand, aber wenn die so schnuckelig ist wie die A7, kann ich das gut verstehen. Die X100 ist sicherlich sehr gut geeignet. Aber wie du (und auch Jörg) sagst, das Bild macht der Fotograf. Wahrscheinlich ist die Kamera für Street nicht so entscheidend, es ist – unter anderem – eher das Gefühl für Situationen, für das, was in den nächsten Sekunden passieren könnte.
Die besten Bilder die ich kenne im bereich der Streetfotografie wurden seinerzeit mit Leica Kameras gemacht… allerdings gab es zu der zeit auch nichts besseres… Heute kommen die für mich besten Bilder aus einer Fuji X100F… so rein technisch betrachtet… Ich glaube aber das es eigentlich vollkommen egal ist. Für mich entsteht das beste Streetfoto aus der Vorstellung heraus was im nächsten Moment geschehen kann mit der Kamera die gerade da ist oder am liebsten da ist.
Kann ich zu 100% unterschreiben, Jörg. Nicht umsonst ähneln die Kameras, die heute als ideal für Street „gehandelt“ werden, den Leica-M-Modellen. Neulich hatte ich noch eine Ricoh GRII in der Hand, die war schon sehr reizvoll. Der kommt von Fuji-Seite die X70 am nächsten. Aber das nur am Rande. Es spielen viel mehr Faktoren eine wichtigere Rolle als die Kamera an sich. Wenn man ein Gefühl für Situationen, Spontaneität, Licht und Komposition entwickelt, ist es eigentlich nur wichtig, dass man sich mit der Kamera wohlfühlt, die man gerade in der Hand hält…