Es ist so: Je mehr ich nach Motiven (Menschen) suche, umso weniger gelingt mir. Ich habe in den vergangenen Wochen lernen dürfen, dass es helfen kann, „es einfach geschehen zu lassen“. Nichts erzwingen zu wollen. Und hinter der nächsten Wegbiegung liegt es dann vor mir.
Es gibt Tage, an denen ich viel sehe, an denen jedoch die Hemmschwelle zu hoch ist. An anderen Tagen muss ich nur ansatzweise erwähnen, was ich tue und warum, und ich treffe auf offene Gesichter.
Wie neulich im Raucherzimmer des Tagestreffs für wohnungslose Männer, wo ich in einer kleinen Runde mein Streetprojekt vorstelle. 3 Menschen waren spontan bereit, mitzumachen. Andere waren ins Zeitunglesen vertieft oder aus ihrer Situation heraus so angespannt, dass ich sie entweder erst gar nicht ansprechen oder stören mochte oder sie einfach nicht dazu bereit waren.
Die Menschen im Tagestreff sind alle aus ähnlichen Gründen dort (ich nenne es mal „Deckung der menschlichen Grundbedürfnisse“), und doch sind sie so unterschiedlich. Warum schreibe ich das, wo es doch auf der Hand liegt? Für „Normalbürger“ haben Menschen in den Randzonen der Gesellschaft häufig kein individuelles Gesicht und werden mit stereotypen Bildern belegt. In der knappen Stunde, die ich in den oben genannten Räumlichkeiten verbringen durfte, sah ich junge, mittelalte und alte Menschen, sensibel, dickschädelig, offensiv, verschlossen. Problembeladen viele, manche leicht und fein. Manche Probleme sind alltäglich, für Menschen in sicheren Lebensumständen eher klein. In besonderen Lebenssituationen können vermeintlich kleine Probleme eine große Hürde sein. Manche Probleme sind uns „Wohlstandmenschen“ vollkommen unbekannt („Wo verbringe ich die nächste Nacht?“).
Ich lerne derzeit auch, dass ich nicht einfach nur Bilder machen kann, um mich dann dem Daily Business zuzuwenden. Was – und hier ist der Begriff der Grenze unabdingbar – dazugehören muss, ist die Auseinandersetzung mit den Einzelnen, mit ihren Themen. Nicht nur als Zeichen der Wertschätzung, aber auch.