Als ich vor über zehn Jahren einen Bericht über Helmut Newton sah, gab es darin eine kleine Szene, die mir die Augen öffnete. Nach einer Vernissage bat ihn ein Besucher, ein Bild von seiner Tochter auf dem Fußweg zu machen (mit der privaten Point-and-Shoot-Kamera des Besuchers, versteht sich). Eine Location, die nicht sonderlich interessant war, Hecken im Hintergrund, Straßenpflaster. Das Ergebnis, das im Anschluss gezeigt wurde, trug die Handschrift Helmut Newtons, und nur er war in der Lage, dieses Bild zu machen. Unabhängig von der Kamera. Für mich war und ist das ein Schlüsselerlebnis, das sich in meiner Erinnerung festgesetzt hat. Ein kurzer Aussschnitt, der jedoch wie ein Gleichnis eine Antwort auf die Frage gibt, was eine professionelle Kamera ist.

Dennoch ist es immer wieder interessant, zu lesen, was andere zur Definition einer professionellen Kamera sagen. Und so begab ich mich ein wenig auf die Suche und förderte ein paar Sätze zutage, die ich selber unterschreiben würde.

Los geht’s: Was macht eine professionelle Kamera aus?

Ein Satz, den ich bei der Recherche nach der Fuji X-T1 fand (ich brauchte persönlich die Bstätigung, dass Systemkameras auch im Pro-Bereich eingesetzt werden – ich gebe es ja zu ;-)):

„Gib einem Pro irgendeine Kamera und es ist eine professionelle Kamera.“

Zack Arias schrieb etwas über Objektive, und dies ist seine Zusammenfassung zum 18-55mm „Kit-Objektiv“. Man kann es aber ohne Probleme auf Kameras übertragen:

„I really wouldn’t consider this for a pro kit but for every person who reads this there’s a pro out there using this lens regularly.“

Ken Rockwell – man mag ihn oder nicht – gibt eine ähnliche Zusammenfassung:

„A professional camera is defined by its durability and utility. (…) Professionals often use amateur cameras. Don’t worry about it.“

Eine Diskussion auf Stackexchange geht in eine etwas andere Richtung.

„It’s a meaningless distinction. It depends on who’s saying it, and what’s „professional“ to one (…) might not be to another.“

Die folgende Aussage halte ich für sehr angemessen. Denn ein professioneller Fotograf ist in der Lage, mit jeder Art von Kamera Bilder zu machen, die herausstehen (und die ihm das Einkommen sichern), wie ich eingangs über Helmut Newton schrieb:

„If the person behind the camera is getting paid to take the photo then it is a „Pro Camera““

Oder, wie diese letzten 2 Definitonen auf dpreview ganz treffend sagen:

„Being able to deduct it from your taxes.“

„The camera is unimportant, it is the person holding it that makes it pro“

Also: Du benutzt deine Kamera beruflich und musst sich auf sie verlassen können? Dann ist es eine professionelle Kamera. So einfach ist das.

Auf den Punkt gebracht hat es Ion Paciu, indem er seine Canon 5DMkIII gegen eine Canon 100D mit dem Kitobjektiv tauschte. Es zeigt, dass sogenannte Einsteigerkameras in der Lage sind, ebenso gute Bilder hervorzubringen wie Kameras aus der Oberliga – vorausgesetzt natürlich, sie sitzen vor dem richtigen Auge. Hier geht es zu seinen Erfahrungen auf Petapixel.

Zum obigen Bild: Mit beiden Kameras habe ich Bilder gemacht, die ich verkauft habe, und die nun als Fine Art Prints Geschäftsräume verschönern ;-).

Hast du eine Meinung darüber, was eine professionelle Kamera ausmacht?

Wenn du dich mit den obigen Punkten identifizieren kannst, oder eine ganz andere Meinung hast, würde ich das gerne von dir hören!

6 Responses
  1. it depends on 🙂 wie immer !!! Eine Professionelle Kamera ist so eine, mit der ich mein Geld verdiene… Ich erinnere mich an eine kleine Geschichte die mir persönlich wiederfahren ist. Ich hatte seit fast 10 jahren meine heißgeliebte Canon EOS 1 D MK 2 mit der ich wirklich wirklich alles fotografiert hatte! Immer war ich zufrieden mit den Ergebnissen und konnte guten Gewissens „abliefern“. Irendwann hatte ich einen Auftrag bei der IHK um dort eine Veranstaltung zu fotografieren. Kein Problem dachte ich… Irgendwann drehten die das Licht ein wenig herunter damit die dort eingesetzten Lichtefekte besser zur Geltung kamen… Lange rede kurzer Sinn… die SHZ hatte einen „nebenbei“ Fotografen (der eigentlich sonst nur schreibt) mit seiner modernen Amateurkamera entsandt, der nebenbei mit 6400 iso und einem kleinen Blitzer das Feld mühelos abräumte während ich mit meiner „Profikamera“ bei 1200 iso schluss machen musste und in jedem Bild lange Wischer beim blitzen hatte. Die Bilder aller Fotografen erreichten den Auftraggeber und ich verlor den Auftrag. Natürlich war es auch mein letzter Auftrag mit meiner alten Kamera. Es kommt also immer darauf an… wenn ich Formel 1 oder Sportaufnahmen für die SG mache, dann komme ich mit der Fuji, dem Iphone oder einer Einfachen sicher nicht so weit (im verleich mit anderen), wenn es aber darum geht wundervolle Portraits zu machen dann kann ich das durchaus wesentlich besser mit entschleunigten Systemen (selbst mit 100 jahre alten) … Ich verlasse mich in meinem professionellen Alltag gerne auf Werkzeuge die mir keine Grenzen aufzeigen und mich nicht stressen und natürlich sieht man bei einem Bild von Helmut Newton seine Handschrift aber ich bin sicher das es nur gelang weil das Umfeld passte. Danach fragt mich aber mein Auftraggeber nicht.

    1. Tilman

      Danke, Jörg, für den Bericht aus erster Hand!
      Ganz klar – die Kamera muss den Job zuverlässig erledigen können, und als Fotograf sollst du dich nicht mit den technischen Einschränkungen belasten. Auf jeden Fall ein guter Punkt. Vielleicht passt auch das: Es gibt Kameras, die zwar nicht alles können, aber gewisse Dinge eben richtig gut machen. Und wenn es die Tatsache ist, dass sie einem bei der Portraitfotografie nicht im Weg (zwischen dir und Model) sind. Die neueren „Enthusiasten“-Kameras können ziemlich viel ziemlich gut, und dennoch benutze ich – wenn es die Zeit zulässt – eher eine Kamera, die nicht mehr ganz aktuell ist, die ich aber kenne – und dann noch mit einem über 30 Jahre alten Objektiv.
      Besten Gruß
      Tilman

  2. Es hängt davon ab. Will ich sicher fotografieren, sollten schon 2 Speicherkartenslots vorhanden sein. Weather-sealed ist nützlich. Bin ich als Sportfotograf oder Reportagefotograf unterwegs, hilft ein schneller Autofocus bei geringerer Auflösung. Auch Handys eignen sich gut in der Reportagefotografie. Landschaftsfotografen wünschen sich eine hohe Auflösung. Hochzeitsfotografen und Tierfotografen wollen leise Kameras. Künstler reflektieren häufig das Medium Fotografie und wählen die Kamera nach ihren eigenen Parametern aus, ob selbst gebaut, Polaroid, Plattenkamera, Handy etc.
    Ob ein Bild gelungen ist, hängt allein vom Fotografen ab und der Aktzeptanz der Rezipienten.
    Am Ende entscheidet das Bild im Kontext seiner Präsentation.

    1. Tilman

      Hallo Eisenvater,
      das finde ich gut getroffen, danke. Wie auch Jörg schon sagte: It depends. Wenn ich Künstler bin, kann ich alles benutzen, was Licht einfängt. Wenn ich mich spezialisiere und in bestimmten Bereichen professionalisiere, brauche ich eine Kamera, die bestimmte Dinge sehr gut kann, während andere zu vernachlässigen sind.

      Vielleicht habe ich auch die Frage zu früh gestellt, denn davor müsste eigentlich stehen: „Was macht einen ‚Pro‘ aus?“ Das wäre vermutlich einfacher ;-)!

  3. Hallo Tilman,
    ich denke, die Frage ist für dich falsch gestellt, weil sie dir persönlich nicht weiterhilft.
    Letztendlich ist es der Fotograf, der mit dem Licht umgehen kann und dabei Professionalität zeigt. Auch ein Amateur- oder Hobbyfotograf kann dabei gute, „professionelle“ Bilder abliefern. Ein „Profi“ wiederum kann dabei nahezu jede Kamera nutzen.
    Wenn du Inspirationen brauchst, klicke dich mal durch die „Cheap Camera Challenge“ auf YouTube, hier meine Lieblingsfolge zum Einstieg:
    https://www.youtube.com/watch?v=wX76k-chflo
    Um deine Frage doch noch zu beantworten, für mich macht den Unterschied zwischen Amateur- und Profikamera die Technik: Spritzwasserschutz, Robustheit, AF-Geschwindigkeit usw., leztztendlich die Anwendbarkeit im Extremeinsatz. Bilder kannst du mit beiden Modellen machen, machmal sogar in der gleichen Qualität. Ein „Profi“-Fotograf aber wird aber aus einer Amateurkamera stehts die besseren Ergebnisse hervorbringen als der Amateur mit der Profikamera, Zufallstreffer beim Amateur mal ausgenommen 🙂
    Für mich habe ich es so definiert:
    „Die beste Kamera ist die, die und den Erfordernissen zur Aufnahme und den Ansprüchen an das Bild genügt. “
    Viele Grüße
    Michael

    1. Tilman

      Hallo Michael, danke für deine Gedanken dazu und die Definition!
      Die Frage hätte ich mir selbst wohl nicht stellen müssen. Sie ist eher aus Neugier entstanden, was andere – Pros wie Enthusiasten – dazu sagen, und aus meiner Recherche, ob Systemkameras von Pros benutzt werden (Antwort: Ja, werden sie.). Ich bin für mich selbst zu dem Schluss gekommen, dass eine Kamera dann zu einem professionellen Werkzeug wird, sobald ein ‚Pro‘ damit arbeitet. Natürlich designen die Hersteller ihre Kameras für bestimmte Zielgruppen, aber letztlich entscheide ich als Fotograf, was für mich passt. Und wenn mir die eine Kamera nicht liegt, werde ich eine andere benutzen, die meine Bedürfnisse erfüllt. Was sich in etwa mit deiner Definition der „besten Kamera“ deckt. (Oh – und ich glaube nicht, dass bei den hier Diskutierenden einer dabei ist, der ausschließlich eine Kamera benutzt ;-))