Verschlusszeit, Blitzfotografie, Umgebungslicht, und …

Blitzfotografie ist ein spannendes und häufig verwirrendes Thema. Wir haben ja schon Blende und Verschlusszeit. Und Umgebungslicht. Nimm noch die ISO dazu, und du hast 5 Parameter, die sich auf die Belichtung deines Bildes auswirken.

Wenn dich das Thema „Blitzfotografie“ interessiert: Im August gibt es wieder ein ganzes Workshop-Wochenende zum Thema:

Anmeldung zum Blitz-Workshop

Nochmal: ISO, Blende, Verschlusszeit, Umgebungslicht und Blitz. Um Licht ins Dunkel zu bringen, habe ich heute mal ein kleines Experiment gemacht. Das Mindeste, das du aus diesem Beitrag lernen solltest – die Quintessenz sozusagen-, ist, dass die Verschlusszeit nichts, also wirklich gar nichts damit zu tun hat, wie sich dein Blitz auf die Belichtung deines Bildes auswirkt. Die Blende dafür umso mehr.

Um das zu veranschaulichen, habe ich zwei Belichtungsreihen erstellt. Jedesmal habe ich lediglich einen Parameter geändert. (Das ist für mich übrigens die einzige Vorgehensweise, die funktioniert, wenn es darum geht, die Belichtung korrekt und nach meinen Vorstellungen anzupassen. Ich kann dir nur ans Herz legen, es ebenfalls so zu machen, damit du später nachvollziehbare und reproduzierbare Ergebnisse bekommst. Also merke: immer nur einen Wert ändern und nicht mehrere zugleich. Es sei denn, du weißt sehr genau, was du tust.)

Die Location ist übrigens ein stillgelegtes Militärgelände, die ein interessantes und vielseitiges Ambiente bietet. Es ist Vormittag, leicht dunstig bis strahlend blauer Himmel. Mein Setting ist so, dass ich ein Motiv habe (silbergraues Graffiti auf Garagentor), das im Schatten liegt. Wichtig ist mir außerdem, dass der Himmel zu sehen ist, um den Unterschied und später die Überbelichtung zu verdeutlichen.

Dabei habe ich die Fuji X-T1 mit einem 23mm-Objektiv sowie den Godox TT685.

And here we go: Erste Belichtungsreihe mit Blitz

Doch halt – zuallererst habe ich mir überlegt, wo ich belichtungsmäßig eigentlich starten will. Die Fuji bietet eine Blitzsnychronzeit von 1/180 Sekunde. Das ist dort also schonmal die Obergrenze, wenn du kein Highspeed-Sync hast. Ich nehme weiterhin ISO 200 und Blende 16. Ersteres, weil die Fuji standardmäßig 200 ISO als niedrigste Empfindlichkeit hat, zweiteres, weil das eben die kleinste Blendenöffnung ist. Außerdem passt es: Nach der „Sunny 16 Rule“ ist das die korrekte Einstellung, um im Sonnenlicht ohne Blitz korrekte Ergebnisse zu bekommen. Da wir aber im Schatten sind – mitsamt dem Motiv – stehen die Chancen gut, dass das Motiv ohne Blitz unterbelichtet ist.

Die erste Reihe habe ich so angelegt, dass die Blende konstant bleibt, die Belichtungszeit jedoch immer länger wird (1/180, 1/125, 1/60, 1/30), bis eine deutliche Überbelichtung eintritt. Dazwischen gibt es dann den Bereich, der belichtungsmäßig gut bis akzeptabel ist, und in dem wir dann entscheiden, welche Lichtstimmung uns am meisten zusagt.

1. Aufnahme, ohne Blitz: leicht unterbelichteter Himmel, aber auch ansonsten zu dunkel.

Blitzfotografie, Erster Versuch ohne Blitz. Zu dunkel.

2. Aufnahme mit Blitz auf voller Leistung: Das Graffiti „frisst aus“, was auch an der silbergrauen Farbe liegt.

Zweiter Versuch mit Blitz: zu hell.

3. Aufnahme: Blitz auf 1/2 Leistung: Das passt schonmal. Es gibt ein paar kleine Überbelichtungsspitzen, aber das würde ich hier vernachlässigen. Bei einem Portrait allerdings hätte ich den Blitz noch weiter heruntergeregelt.

3. Versuch: So fotografierst du mit entfesseltem Bilitz!

4 Belichtungszeit: 1/125 Sekunde. Nach meinem Geschmack die passende Stimmung.

5. Aufnahme mit 1/60 Sekunde: Der Himmel wird heller, weitere Details in den Toren treten durch das Umgebungslicht hervor.

6. Aufnahme mit 1/30 Sekunde: Es wird heller, stellenweise überbelichtet, die Dramatik ist verschwunden

7. und letze Aufnahme der Reihe. 1/15 Sekunde: Starke Überbelichtung im Himmel, und auch im Motiv selber fressen die Lichter aus.

Blitzfotografie-Belichtungsreihe Nr. 2

Zunächst habe ich alles wieder auf Null – sprich meine Ausgangseinstellungen – gedreht: ISO 200, Blende 16, 1/180 Sekunde. Blitz auf 1/2 Leistung.

In dieser Reihe werde ich die Zeit konstant bei 1/180 Sekunde halten, dafür jedoch die Blende immer um eine Stufe weiter öffnen. Schauen wir, was passiert.

1. Ausgangsbild bei Blende 16: etwas dunkel, aber für manche Geschmäcker schon ganz passend. Das Bild entspricht dem dritten aus der ersten Reihe.

2. Bild bei Blende 11: Du siehst deutlich, dass sich sowohl die Helligkeit des Umgebungslichts und des Blitzes ändern. Du erinnerst dich? Bei der ersten Reihe war es nur das Umgebungslicht, das heller wurde.

3. Bild mit Blende 8: Zunehmende Überbelichtung im Motiv (Graffiti), normale Belichtung in der Fassade, der Himmel wird heller und eher langweilig bis flau.

4. Bild mit Blende 5,6: Das Graffiti ist komplett überbelichtet (durch Blitz und Umgebungslicht), der Rest ok, aber eher grau und öde.

Die Blende jetzt noch weiter zu öffnen, habe ich mir gespart – ich glaube, dass klar sein sollte, dass das Bild ab Blende 4 komplett überbelichtet sein würde.

Was bedeutet das in der Praxis?

Gut, das waren ja schon Praxisbeispiele, aber ich werde noch einmal kurz erläutern, wie ich vorgehe, wenn ich Blitz- und Umgebungslicht mischen will.

Meine bevorzugte Methode (die Inspiration kommt von Neil Van Niekerk) ist, zunächst eine korrekte Belichtung vorzunehmen, und dann darauf zu achten, dass das Bild leicht unterbelichtet ist. Wie stark unterbelichtet, ist eine rein persönliche Präferenz – das muss jeder für sich herausfinden. Habe ich die Blende und die Blitzleistung eingestellt, regle ich den Rest nur noch über die Verschlusszeit. Diese steuert – ich wiederhole mich hier absichtlich – wieviel Umgebungslicht in mein Bild kommt.

Manchmal ist es auch gut, das Bild (ohne Blitz) korrekt zu belichten, um dann mit dem Blitz nur einen Akzent zu setzen. In dem obigen Beispiel habe ich mein Motiv bewusst in den Schatten gelegt, um dann die größtmögliche Blitzwirkung zu illustrieren und zu zeigen, dass auch im Mittagslicht eine dramatische Wirkung mit einem normalen Blitz möglich ist.

Fragen?

Ich hoffe, dass mein kleiner Praxisbericht Lust auf mehr gemacht hat! Hast du Erfahrungen und / oder Fragen zum Thema Blitzfotografie und Umgebungslicht? Dann freue ich mich über einen Kommentar.

Workshop zum Thema

Wenn du aber mehr lernen möchtest: Im August findet ein ganzes Workshop-Wochenende zum Thema Blitzfotografie statt. Die Anmeldung dazu ist ab sofort geöffnet.

Anmeldung zum Blitz-Workshop

6 Responses
  1. Michael Teuber

    Ja nun, das ist schon sehr anschaulich und nachvollziehbar, die Crux für den Amateur ist aber die Leitzahl des Speedlights. Ich habe mal nachgelesen, für Deinen Godox ist das LZ 60… Da wird meistens übertrieben, nehmen wir mal ca. 50. Meine Yongnuos haben in etwa die gleiche Leistung. Wenn ich jetzt aber ein Motiv habe, welches im Tageslicht oder sogar im leichten Gegenlicht steht, wird das so leider nicht mehr funktionieren und man braucht richtig Dampf im Blitz. Entweder muss man jetzt richtig in die (Geld)tasche greifen und einen Porty kaufen oder man muss basteln, um zwei oder drei Blitze gleichzeitig zu zünden. Ausser so einer Blitzschiene, bei der man zwei oder drei Blitze nebeneinander schraubt und die dann sehr instabil auf dem Lampenstativ rumwackelt, fällt mir da keine preisgünstige Lösung ein. Vor allen Dingen nicht, wenn man alleine ist und keinen Assistenten. Wenn man eine zweite Person dabei hat, kann die natürlich das Monstrum in der Hand halten!? Hast Du sowas schonmal ausprobiert? Danke für die Antwort.

    1. Da hast du Recht – wenn ich in der prallen Sonne fotografiere, komme ich mit dem YN560 oder ähnlichen Blitzen nicht gegenan. Ich hatte das schonmal hier beschrieben, als ich an die Grenzen stieß, und auch mit voller Leistung Probleme bekam. Du hast – neben einer wackeligen Blitzschiene – auch die Möglichkeit, bis zu 3 Blitze an so eine Halterung zu bauen, wie du sie unten siehst. Das ist einfacher, es passt auch noch ein Schrim in die Mitte. Aber du hast – siehe Reziprozitätsgesetz – nur einen relativ geringen Lestungszuwachs. Das ist auch der Grund, warum ich mir einen portablen größeren Blitz zugelegt habe (Godox AD200).

  2. Jörg B.

    Vielleicht habe ich ja diesen Punkt übersehen, doch in den ganzen Texten zur Blitzerei vermisse ich das Thema 2. Vorhang oder habe ich es nur überlesen?

    1. Danke für den Steilpass, Jörg!
      Das war bei den jetzigen Bildern/ Beiträgen noch nicht so relevant, daher habe ich das vernachlässigt (wie viele andere Aspekte btw). Aber ich danke dir für den Hinweis, denn das ist ein spannendes Thema, das ich auch noch aufgreifen werde. Vor allem, wenn es um Blitzen bei Tageslicht / in der Sonne geht, gibt es da einiges zu bedenken (z.B. Wie erreiche ich eine lange Verschlusszeit?). Da kommt also noch was ;-)!
      Gruß
      Tilman