Für ein Einzelcoaching bekam ich ein Buchcover als Vorlage geschickt. „Wie ist dieses Bild entstanden?“ wollte Maike, meine Teilnehmerin wissen. Sie war fasziniert, besonders von dem Ausdruck, aber auch davon, wie das Licht das Gesicht modelliert. Es handelte sich um das seitliche Close-Up-Portrait eines Mannes mit geschlossenen Augen.
Reverse Engineering Light
Ich hatte mir 2 Settings vorgenommen, dieses Bild „nachzubauen“: Einmal nur mit Fensterlicht, und das Ganze noch einmal mit Blitz. Ich selber hatte keine Ahnung, wie der Fotograf oder die Fotografin (nebenbei sprachen wir über „männliche“ und „weibliche“ Fotografie) arbeitet. An dem Cover selbst konnte ich jedenfalls nicht erkennen, ob es mit natürlichem Licht oder einem Blitz aufgenommen wurde – die Person auf dem Bild hatte, wie gesagt, die Augen geschlossen. Augen bzw. die sich darin wiederspiegelnden Catchlights sind gute Hinweisgeber auf die Lichtquelle. Aber die fielen nun einmal weg.
Die Frage, die sich für mich stellte, war: Kann man das gleiche Bild sowohl mit natürlichem Fensterlicht als auch mit einem Blitz (oder einer anderen künstlichen Lichtquelle) erzielen?
Vom einfachsten „Fall“ ausgehend, schauten wir uns noch einmal genau an, wie auf dem Bild die Schatten fallen, ob es weiche oder härtere Verläufe gibt, und wie stark der Lichtabfall von der einen zur anderen Seite ist.
Nordfensterlicht
Mein Studio hat zwar keine große Fensterfront, aber immerhin 2 mitttelgroße Fenster. Also lag es nahe, den ersten Versuch mit Fensterlicht zu machen. Dabei wurde schnell klar, dass es einen großen Vorteil hat, ein Fenster als Lichtquelle zu nehmen, das zur Nordseite liegt. Es liefert schön diffuses Licht, auch zur Mittagszeit (Falls es wolkenlosen Himmel gibt, kannst du auch ein weißes Tuch als Diffusor vor das Fenster hängen). Mit diesem Minimalsetup variierten wir die Positionen des Gesichts und des Körpers zum Licht. Ebenso schauten wir uns an, wie sich die Entfernung des Gesichts auf die Schattenzeichnung, den Schattenverlauf und die Lichtintensität auswirkte.
Den Blitz-Part werden wir später nachholen – dafür war die Zeit zu knapp. Mit diesem Ergebnis, nur mit natürlichem Licht, war die Teilnehmerin meines des Einzelcoachings vollends glücklich („beseelt“, wie sie mir später schrieb). Da es ihr (und mir) wichtig war, mit möglichst einfachen Mitteln zu arbeiten, hatten wir hier ein Setup entwickelt, das sich im Prinzip überall umsetzen und variieren lässt.
Aufbau:
- Schwarzer Falthintergrund im 90°-Winkel vor dem Fenster
- Diffusor im Fenster (das Innenteil aus dem 5-in-1-Reflektor)
Der Diffusor war optional. Das Fenster – unsere Lichtquelle – ist ungefähr zum Norden hin ausgerichtet. Außerdem war es bedeckt. Zusätzlich habe ich noch ein Stativ verwendet. Wir wollten nicht unbedingt offenblendig fotografieren, sondern eine größere Schärfentiefe erzielen, um dem Ausgangsbild gerecht zu werden. Die Verschlusszeit kam so auf ca. 1/15 – 1/30 Sekunde.
Ausrüstung:
- Fuji X-T2
- Fujinon XF 56mm f/1,2
- Schwarzer Falthintergrund
- Diffusor für das Fenster (wenn du keinen Diffusor besitzt, kannst du auch weißen dünnen Stoff vor das Fenster hängen)
[…] Wie erzeuge ich ein Rembrandtlicht am Fenster? […]