Produktbilder benötigen nicht immer ein aufwändiges Setup. Hier zeige ich dir, wie du mit nur einem Licht und einem kleinen billigen Schminkspiegel (von Rossmann) sowie einer Glasscheibe tolle Produktfotos machen kannst.

Angeregt wurde ich von einer Schmuckaufnahme in der Vogue. Es war ein sehr minimalistisches Bild (wer mich kennt, kennt auch mein Credo), lediglich dieser Diamantring, etwas Schatten und ein schöner Verlauf im Hintergrund. Das Ganze war in einem relativ warmen Ton gehalten – einfach, aber ansprechend.

Kurzerhand lieh ich mir einen – vielleicht nicht ganz so teuren, aber dafür schöneren – Bernsteinring von meiner Liebsten und schaute mich in meinem Studio um. Irgendwo hatte ich noch eine Glasplatte von einem Bilderrahmen und einen Kosmetikspiegel. Mit einem kleinen Stativ und einem Sockel war der Aufbau schnell gemacht.

Welcome to the dark side

Der Aufbau. Wie gesagt, nichts besonderes, sondern lediglich eine Glasplatte in Hüfthöhe, die außerdem ca. 1,5m von der weißen (!) Wand entfernt war. Das Licht bestand aus dem Einstein 640, aber auch nur deshalb, weil ich den zur Verfügung hatte. Ein einfacher Aufsteckblitz in einem Beautydish hätte vollkommen gereicht. Ich hatte zunächst versucht, mein Objekt der Begierde klassisch im 45°-Winkel von oben und von vorne zu beleuchten. Davon war ich jedoch relativ schnell abgekommen, das Ganze wirkte eher flach und unspektakulär. So kam ich darauf, von dem Ausgangsbild (das aus der Vogue mit dem Brillantring) abzuweichen und einfach mit dem Licht, das ich zur Verfügung hatte, zu spielen.

Die 45° von oben behielt ich bei, drehte den Blitz aber so, dass das Licht im 90°-Winkel seitlich auf mein Produkt fiel. Die Vorderseite des Ringes, die vom Licht abgewandt war, bekam also kein Licht mehr ab.

Feintuning

Im Gegenzug erhielt ich so aber schöne Kanten und eine feine Spiegelung. Zur Aufhellung diente der erwähnte Spiegel. Hier waren mehrere Versuche nötig, bis die Aufhellung mit einem Verlauf auf die Vorderseite fiel und diese dadurch etwas mehr Dreidimensionalität bekam.

Das Einzige, was mich noch störte, war der Hintergrund. Das Beautydish erzeugte zwar einen ganz schönen Verlauf im Bild, aber die Kante der Glasscheibe war zu dominant, als dass ich sie als gestalterisches Element im Bild lassen wollte. Das Bild, das sich in meinem Kopf formte, war fast schwarz, mit dem Ring als einzigen Punkt des Interesses. Wie wäre es also möglich, das Licht insgesamt vom Hintergrund abzulenken, ohne dass ich schwarzen Fotokarton oder ähnliches zuhilfe hätte nehmen müssen? Die Lösung war der mit dem Beautydish mitgelieferte Wabenvorsatz. Es war ein reiner Stoffvorsatz, also kein Filter aus Metall, der das Licht eventuell zu stark gebündelt hätte. Kurzum – und ich hatte nicht erwartet, dass es auf Anhieb klappen würde – klettete ich die Wabe vor den Lichtformer, und alles störende Licht war gebannt.

Du siehst, es ergibt Sinn, sich einfach mal von einer Werbeaufnahme, die du sonst vielleicht sogar überblättert hättest, inspirieren zu lassen. Es geht noch nicht einmal darum, das Ergebnis komplett 1 zu 1 nachstellen zu müssen oder wollen. Viel interessanter ist es, zu entdecken, was passiert, wenn du zu spielen beginnst! Das, was du dann erschaffst, ist natürlich nicht das Ende vom Lied. Von hier aus lassen sich alle möglichen weiteren Variationen ableiten. Was wäre, wenn du z.B. einen farbigen Hintergrund haben wollen würdest? Oder einen Schatten anstelle der Spiegelung? Oder einen Verlauf von oben nach unten oder im Winkel? Sich immer neuen kleinen Herausforderungen zu stellen und dabei andere Sichtweisen und Lösungen zu entdecken ist ein starker Motor für Fotografie und das kreative Arbeiten.

(Ach so: Alle Bilder kamen so, wie sie oben zu sehen sind, aus der Kamera.)

Willst du mir und den anderen Leser*innen deine Erfahrungen mitteilen? Dann wäre ich gespannt, von dir zu hören oder einen Kommentar zu bekommen!