Dinge, die ich vor einigen Wochen noch nicht wusste, und die ich jetzt weiß.

Ich will hier nicht wiederkäuen, was unter anderem Eric Kim und Thomas Leuthard viel besser und sehr ausführlich dargestellt haben (dankenswerterweise stellen sie ihr Wissen als eBooks frei ins Netz!). Daher sind dies eher ein paar Erkenntnisse, die ich in meinen ersten Streetfotografie-Gehversuchen gewonnen habe und hier für mich festhalte. Vielleicht können sie aber auch dir nützen, wenn du mit dem Fotografieren auf der Straße anfangen möchtest oder erst kürzlich damit begonnen hast.

Deine Bilder sind nicht außergewöhnlich.
Nur, weil du begonnen hast, andere Bilder zu machen als vorher (z.B. indem du dich aus deiner Komfortzone bewegt hast), sind diese Bilder nicht automatisch besser oder gar outstanding. Sie sind halt erst einmal – anders. Das ist nichts Schlimmes, bedeutet es eben auch, dass ein wichtiger Schritt getan ist.

Street ist nicht so kompliziert wie du denkst.
Rausgehen und losknipsen ist schnell getan. Und mit etwas Zeit/ Beobachtungsgabe/ Ausdauer kommen dabei schon ein paar ordentliche Ergebnisse heraus.

Street ist schwieriger als du denkst.
Spätestens, wenn man anfängt, Leute in die Bilder zu integrieren. Du wirst feststellen, dass die ersten Bilder (und noch einige mehr) erst einmal im Papierkorb landen. Und es fühlt sich erstmal komisch an, in der Öffentlichkeit Dinge oder Menschen zu fotografieren, die andere gar nicht sehen oder wahrnehmen. Wenn du nach draußen gehst, muss dir egal sein, was andere denken. Und das kann für manche (introvertierte) Fotografen eine Hürde sein. Wenn du Menschen fotografieren willst, darfst du keine Scheu haben, nahe an sie heranzugehen.

Es lohnt sich, die Meinungen anderer anzuhören.
Mit anderen über die eigenen Bilder zu sprechen, hat mir schon manches mal die Augen geöffnet. Das hat natürlich nur Sinn, wenn das Leute sind, die dir ein ehrliches Feedback geben.

Die Meinungen anderer kann man getrost ignorieren.
Es kommt allerdings eher darauf an, wessen Meinung. Sind es Neider? Menschen, die sowieso alles toll/ doof finden oder nicht verstehen, was du fotografierst? Die eh alles besser wissen? Vergiss sie. Sie sind es, die deinen kreativen Weg versperren, und dich daran hindern, deinen Stil zu entwickeln.

Verlasse dich nicht auf das Lob anderer. Auch wenn es sich so gut anfühlt.
Es ist immer nett, von anderen zu hören, wie toll die eigenen Bilder sind. Aber das alleine wird dich auch nicht weiterbringen. Schaue dir lieber die Bilder anderer großer Fotografen und Künstler an. Lerne ihre Arbeits- und Lebensweise kennen und denke mal darüber nach, was das mit ihrem Werk – und schließlich mit deiner Fotografie – zu tun hat. Ruhe dich nicht aus, sondern mach weiter.

Du wirst dich von manchen Bildern trennen können. Müssen.
Du hast viele Bilder von einer Szene gemacht und kannst dich nicht entscheiden, welches nun das beste ist? Lass deinen Bauch entscheiden und frage auch jemanden, dem du vertraust und der dir seine ehrliche Meinung sagt. Entscheide dich für genau ein Bild. Die anderen musst du nicht löschen, aber sie sollten in der Schublade bleiben. Das eine Bild ist das, was du zeigst. Die anderen Bilder sind dennoch nicht unwichtig, denn sie bilden für dich die Dokumentation deines Entscheidungsprozesses.

Wenn du vor etwas Angst hast, ist es wahrscheinlich wichtig für dich.
So oder so ähnlich hat es Rich Roll mal formuliert, wenn es um Entscheidungen im Leben geht, und die Aussage finde ich sehr bemerkenswert. Für die (Street-)Fotografie kann das z.B. folgendes bedeuten: Mache dir klar, wovor du in bestimmten Situationen Angst hast. Dass jemand die Polizei ruft? Handgreiflich wird? „Nein“ sagt, wenn du nach einem Foto fragst? Oder dass du dich blamierst? Ganz ehrlich: Was soll schon passieren? Du weißt, dass die Ängste meist unbegründet sind, aber eben auch einen wichtigen Zweck erfüllen. Angst ist sozusagen ein Indikator dafür, dass sich dahinter ein außergewöhnliches Bild verbirgt. Oder sogar mehr. In meinem aktuellen Projekt hatte ich Angst davor, einen bestimmten Menschen auf der Straße anzusprechen. Er sah sehr interessant aus und strahlte eine Menge Lebenserfahrung aus, die mich aber einschüchterte. Ich schaltete meinen Kopf ab, wir kamen ins Gespräch, machten Bilder, und nun kann ich ihn jederzeit wieder fotografieren, wenn ich will.

Der Verstand braucht eine Pause.
Jedenfalls beim Fotografieren auf der Straße und von Menschen. Klar, das Know How muss sitzen. Deshalb musst du üben, deine Ausrüstung im Schlaf kennen (Und je kleiner diese ist, umso besser), und am besten täglich rausgehen. Deine Synapsen kennen die Knöpfe dann irgendwann sowieso. Höre auf dein Bauchgefühl, das wird man deinen Bildern ansehen.

… und dann noch der hier – ein gestalterischer Aspekt zwar, aber ich will ihn dennoch erwähnen, da ich nach Monaten mit längeren Brennweiten (>= 40mm) spntan mit meinem 21mm loszog:

Achte auf die Bildränder (im Sucher).
Da verbergen sich immer wieder mal Dinge, die nicht mit in dein Bild sollen, und über die du dich nachher ärgern wirst.

Also – wie sagten Turbonegro so treffend:

Practice, practice, practice. Then you can party, party, party!