Was ist schon spannend daran, Dreiecke zu suchen und zu fotografieren? Natürlich, das Dreieck selber ist hier nur ein Beispiel, ein Platzhalter. Wir könnten uns auch auf andere Formen oder Farben oder „Themen“ (sprich Gestaltungsmittel) konzentrieren. Was ja durchaus noch kommen kann – und wird. In erster Linie – ich sage das ja nicht zum ersten Mal – geht es ums Sehen.
Wenn du nicht siehst, hilft dir auch die beste oder neueste oder teuerste Kamera nicht.
Sich auf einen kleinen Bestandteil des Universums aus der wunderbaren Welt der Gestaltung zu stürzen, ist in mehrerer Hinsicht eine Herausforderung. Einmal, weil du denken magst „Pah. Dreiecke. Was soll das? Gestaltung ist doch viel komplexer, was soll ich mich da mit Details aufhalten?“ (Übertrieben? Mir ist klar, dass DU nicht so denkst. Oder?).
Zweitens ist es herausfordernd, weil du dich von deiner Kamera und den schönen Hilfsmitteln, die sie dir bietet, lösen musst. Du hast zwar die Drittelregel im Sucher deiner Kamera eingebaut (Handzeichen bitte, wer ohne Gitter im Sucher fotografiert), aber ansonsten bist du – glücklicherweise! – alleine mit dem, was dir durch den Sucher so entgegenblickt. Keine Funktion der Kamera macht dich auf Kompositionselemente aufmerksam. Du musst also gezwungenermaßen die Komfortzone verlassen. Da hilft keine Gesichts- oder Einhorn- oder Blümchenerkennung.
Drittens profitiert deine Gestaltung, dein Ausdrucksvermögen – nicht zuletzt auch deine fotografische Stimme – davon, dass du dir immer wieder mal die Basiselemente der Komposition vornimmst. Auch, wenn du schon einige Lektionen der Gestaltung durch hast, dich mit Kontrasten, starken und schwachen Inhalten, Negativraum, Vektoren usw. beschäftigt hast: Es ist eine Fingerübung. Genau, wie ein Musiker immer wieder auf kleine Übungen zurückgreift, dadurch geschmeidig bleibt, bist auch du immer in Bewegung, indem du die Grundbausteine nicht vernachlässigst, bis sich für dich ein Gesamtbild abzeichnet. Im Idealfall. Der Musiker kann auch nicht das ganze Stück oder Werk auf einmal spielen, ohne diese Mikro-Elemente immer und immer wieder zu üben.
Weshalb also das Dreieck?
Ich hätte auch das Quadrat nehmen können. Ja, als Teilnehmende/r meiner Workshops bist du gewissermaßen meiner Willkür ausgeliefert ;-). Das Dreieck ist eine dynamische Form, die – gut eingesetzt – subtile Spannung im Bild erzeugt.
Ein paar Merkmale:
- Dreiecke haben „Zeigecharakter“
- Je nach Drehung wirken sie statischer oder dynamisch oder gar schwebend
- Es kann als Form frei im Bild auftauchen
- kann auch durch den Bildrahmen von einer oder zwei Seiten begrenzt werden
- und viele mehr.
Wenn du erst einmal dabei bist, wirst du feststellen, dass es keine trockene Angelegenheit ist, sondern du aktiv Einfluss darauf nehmen kannst, wann sich das Dreieck als solches zeigt. Du erhältst die Kontrolle über dein Bild und wirst bewusster durch den Sucher und in die Welt um dich herum blicken.
Ach so: Während der Vorüberlegungen zum letzten Workshop habe ich eine zugehörige Gruppe ins Leben gerufen. „Blndspot Academy“ heißt sie und will auch so verstanden werden. Wenn du also neue Anregungen und Herausforderungen suchst, bist du dort in bester Gesellschaft!
Danke an Michael von Black Tower Pictures, dass ich ein paar seiner Bilder zeigen darf, die beim vergangenen One Hour Photo Workshop entstanden sind.