Du musst nicht gleich Jeff Wall sein, um Geschichten zu erzählen. Aber es hilft, sich die „Großen“ einmal zu betrachten und von ihnen zu lernen. Es ist sogar unverzichtbar, wenn du weiterkommen willst.

Ein gutes Bild erzählt eine Geschichte. Ein Bild, das eine Geschichte erzählt, ist ein gutes Bild. Ein Bild, das über seine formale Ästhetik hinaus eine Geschichte erzählt ist ein gutes Bild.

Geschichten kann man eigentlich immer erzählen, in fast allen fotografischen Genres.

Was ich in meiner Ausbildung nicht gelernt habe.

Hochzeitpaare und Schützenkönige vor einen weißen HIntergrund zu stellen und abzulichten, bedeutete für mich „damals“ schon eine gewisse technische Herausforderung. Klar, wenn man so etwas gerade lernt, gibt es überwältigend viele Kleinigkeiten und Details, auf die zu achten ist. Im Rückblick war das ganze gelinde gesagt jedoch etwas fad, handelte es sich eher um das bloße „Abfotografieren“ von Personen ohne besonderen Inhalt.

Daher ist es auch so wichtig, das eigene Werkzeug in- und auswendig zu kennen, zu wissen, welches Bild das Objektiv, das du gerade auf der Kamera hast, machen wird, ohne hindurchzuschauen. Wenn der ganze technische „schnickschnack“ in den Hintergrund treten kann (nicht, weil er etwa unwichtig ist, sondern weil du den im Schlaf beherrschst), kannst du dich um Inhalte und eben Geschichten kümmern. Und diese sind es, die deine Bilder erst zum Leben erwecken.

You can have all the gear in the world and still make images that suck. Zack Arias

Wenn ein einziges Bild eine Geschichte erzählen soll, muss es im Betrachter etwas auslösen. Eine Geschichte läuft über eine gewisse Zeitspanne, hat einen gewissen Anfang und ein Ende. Eine Bild, das eine Geschichte erzählt, fängt nur einen Moment ein bzw. bildet diesen ab. Der Betrachter wird – wenn es ein gutes Bild ist – das Davor und das Danach selber „ergänzen“. Dokumentar- und Reportagefotos leben davon, aber die Geschichten, die du erzählst, müssen gar nicht so komplex sein. Gesichtsausdrücke, Blicke, Falten und Gesten erzählen ihre eigene Geschichte.

Sei ein Geschichtenerzähler

Wenn du z. B. Portraits machst, kann es ausreichen, einen Gegenstand mit ins Bild zu nehmen, der den Betrachter auf eine gewisse Weise irritiert, oder es reicht auch eine Geste oder ein Blick aus dem Bild hinaus. Alles, was der Betrachter mit Leben füllen muss (Wen schaut die Person an, was befindet sich außerhalb des Bildrahmens), Fragen, auf die er Antworten finden muss, kann eine Geschichte sein. Und das Interessante dabei ist, dass du als Fotograf die Geschichte eigentlich selber manchmal gar nicht kennst. Jeder Betrachter deiner Bilder wird sich seine eigenen Geschichten dazu überlegen und die Leerstellen füllen.