(Nicht nur) für Dummies: Das Belichtungsdreieck.

Die stärksten und einflussreichsten Bilder wurden mit einfachen Kameras gemacht. Ja, ich lehne mich damit weit aus dem Fenster. Was meine ich damit, „mit einfachen Kameras“? Was mir dazu zuallererst in den Sinn kommt, wenn ich daran denke, ist das eine Leica M. Oder eine Nikon F. Eine Kamera eben, an der man die Belichtungszeit und die Blende manuell einstellen kann und muss. Aber natürlich gab es auch davor bereits Kameras bzw. Fotografen, die Bild-Geschichte geschrieben haben. Und auch danach. Auf den zweiten Gedanken sind auch die aktuellen Kameras – trotz ihrer unglaublichen Komplexität und Ausgetüfteltheit – dem ursprünglichen „einfachen“ Prinzip verhaftet.

Daher rate ich auch immer allen Neu-Einsteigern mit ihren neuen DSLRs dazu, sich von den ganzen Programmen und Auswahloptionen zu verabschieden. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Was ist das – technisch gesehen – Wesentliche? Das Zusammenspiel von Blende, Lichtempfindlichkeit und Zeit. Licht fällt in einer bestimmten Menge in einer bestimmten Zeit auf eine lichtempfindliche Fläche – den Sensor oder den Film. Drei Faktoren, die das Belichtungsdreieck bilden. Und diese drei sind abhängig voneinander.

Die Blende

Die Öffnung, das Loch, durch das das Licht auf den Sensor (oder den Film) fällt. Einsteigern fällt es bisweilen schwer, das mit den Blendenzahlen auf die Reihe zu bekommen, denn es wirkt etwas paradox: Größere Zahl (11 / 16 / 22) bedeutet kleinere Öffnung, und kleinere Zahl (2,8 / 4 / 5,6 / 8) größere Öffnung. Es gibt auch noch kleinere und größere Zahlen für die Blende, aber das sind die geläufigsten. Und alles dazwischen auch. (Warum das so ist, könnte ich wohl erklären, aber Wikipedia für die, die sich nicht abschrecken lassen.)

Exkurs: Photog’s Liberation

Manche haben Angst, sich von den Programm-Modi zu trennen. Macht man damit doch selten mal etwas falsch, wenn man die Kamera alles machen (und entscheiden) lässt. Als einen möglichen ersten Schritt zurück in die Freiheit rate ich daher gerne zu einer Arbeitsteilung. Fotograf wählt Blende und Bildausschnitt, Kamera kümmert sich um den Rest. Mehr nicht.

Man mache sich einmal bewusst: All das, was du der Kamera hier gerade überlässt, konnten die frühen Kameras (ich nenne die jetzt einfach mal so, auch wenn es sie glücklicherweise nach wie vor gibt) nicht. Das waren puristische Teile. Der Fotograf musste und durfte alle Entscheidungen treffen. Aber auch die frühen Fotografen waren keine Raketenwissenschaftler. Und daher wirst auch du das auch können (müssen), wenn du die Kontrolle zurückbekommen willst.

Und mit dem A-Modus (an manchen Modellen auch Av genannt, gemeint ist hier aber nicht der Automatikmodus) bist du dem ganzen schon einen Schritt näher gekommen.

Die Zeit

Das ist die Belichtungs- oder Verschlusszeit und wird im Sucher oder auf einem Drehrad in n-tel Sekunden angegeben. Denn meistens sind es nur Bruchteile von Sekunden, die ausreichen, um genügend Licht durch die Blende zu lassen. Der Lesbarkeit und Einfachheit halber ist man übereingekommen, bei den Angaben zur Belichtungszeit die „1“ als Zähler des Bruches wegzulassen. Aus „1/125“ wird also „125“ und bedeutet eine hundertfünfundzwanzigstel Sekunde.

Die Empfindlichkeit

Das ist die sogenannte ISO-Zahl. Sie reicht meist von 100 bzw. 200 bis 6400 oder 12800 oder sogar 25600. Oder noch mehr. Und hier gilt endlich: Je höher die Zahl, desto größer ist auch die Lichtempfindlichkeit. An diesem Wert wirst du vielleicht gar nicht so viel drehen wollen, wie an der Blende oder Zeit. Generell kann man sagen: Wenn viel Licht vorhanden ist, kannst du ISO 100 oder 200 nehmen. Wenn es draußen schattig wird, gehst du auf 400-800 und unter schwierigen Lichtverhältnissen oder bei Innenaufnahmen wirst du 3200 und mehr nehmen (Einmal eingestellt, wirst du dich wieder auf das Spiel mit der Blende konzentrieren). Je höher man mit der ISO-Zahl geht, umso höher ist auch mitunter der Preis, bildlich gesprochen. Das Rauschen nimmt zu, bei manchen Kameramodellen bereits ab 1600, bei den aktuelleren erst später. Es lohnt sich, damit zu spielen.

Wenn du auf Film fotografierst, wirst du sehr wahrscheinlich beim Einlegen des Films eine ISO- (oder ASA-)zahl festlegen (bzw. macht das die Kamera, die das ablesen kann). Film hat bei hohen ISO-Zahlen zwar kein digitales Rauschen, aber dafür eine höhere Körnigkeit, die manchmal sogar gewollt und ästhetisch sein kann.

Diese 3 Faktoren bilden das Belchtungsdreieck und sind, wie anfangs gesagt, nicht isoliert voneinander. Sie bedingen einander, denn ändere ich einen Wert, so hat das – gleichbleibende Lichtverhältnissen außerhalb der Kamera vorausgesetzt – Auswirkungen auf die anderen bzw. muss mindestens einer der anderen nachgeregelt werden.

Blendenreihe 1
Merke: Je größer die Zahl der Blende wird, desto weniger Licht kommt durch das Objektiv. Und umgekehrt.

Sagen wir, ein Motiv ist bei ISO 800, 1/125 Sekunde und Blende 8 korrekt belichtet (Woher weißt du das? Deine Kamera hat dir diese Werte einfach mal vorgeschlagen. Es könnten auch andere Werte sein). Du möchtest aber nicht Bende 8, sondern Blende 5,6 nehmen oder gar Blende 4. Das Resultat wird überbelichtet sein, um eine Stufe (bei 5,6) oder zwei Stufen (bei Blende 4). Nicht ganz dramatisch, aber eben auch nicht mehr korrekt. Dein Bild wird also zu hell, wie in dem ersten Bildbeispiel zu sehen. Um das auszugleichen, musst du also die Zeit verkürzen. Was ist kürzer als 1/125 Sekunde? Ja, genau. 1/250 oder sogar 1/500 Sekunde. Du könntest auch am ISO-Wert drehen, aber den lassen wir jetzt einfach mal bei 800.

Die Blenden-/ Zeit-/ ISO-Stufen entsprechen einander. Eine Veränderung um eine bestimmte Stufenanzahl, z.B. an der Blende, kannst du um dieselbe Anzahl an Stufen der anderen Faktoren ausgleichen (Es sind immer Doppelungen bzw. Halbierungen der Lichtmenge pro Stufe). Mit anderen Worten: Dadurch, dass du mit der Blendenänderung auch eine Änderung der Zeit vorgenommen hast, bleibt die Lichtmenge, die auf den Sensor fällt, gleich.

Aber – ich höre schon deine Frage – warum sollte ich denn überhaupt Blende 4 oder 5,6 nehmen, wenn die Belichtung bei 8 schon korrekt war? Der Unterschied im Bild wird nicht immer sonderlich gravierend sein, aber die Blende hat oft einen großen Einfluss auf den späteren Gesamteindruck des Bildes, z. B. dann wenn du Portraits machen möchtest. Das Bildbeispiel gibt dir einen Eindruck, wie sich die veränderte Blende bei angepasster Zeit auf die Schärfentiefe auswirkt.

Blendenreihe 2
Je klieiner die Blendenzahl ist, umso geringer ist auch der Schärfebereich im Bild aka „Schärfentiefe“.

Bist du noch da? Dann gibt es ein kleines vorläufiges

Fazit.

Stelle doch einfach mal für einen Tag oder ein paar Stunden, die du draußen unterwegs bist, die Blende auf einen bestimmten Wert (vielleicht 5,6 oder weniger) und belasse es nach Möglichkeit bei dieser Einstellung. Achte mal darauf, ob und wie sich die Bilder im Vergleich zu den Bildern, die du vorher gemacht hast, unterscheiden.

Ich hoffe, dir hier ein klein wenig Licht ins Dunkel gebracht zu haben. War das zu komplex? Schreibe mir gerne eine Mail oder einen Kommentar, wenn es Probleme und Fragen zum Belichtungsdreieck gibt. Auf keinen Fall möchte ich dich mit dem Vorangegangenen im Regen stehen lassen; daher wird es eine Fortsetzung geben, in der ich versuchen möchte zu erklären, woran du wann drehen kannst.

Bis dahin wünsche ich dir viel Spaß beim Experimentieren, Fehler machen und Entdecken. Und keine Angst, es wird schon nichts kaputtgehen.

Hier geht es zum 2. Teil, in dem ich versuche, die Belichtungszeit zu erklären.

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